Übersicht alle
bisherigen Ausstellungen |
KIK Fotos und Berichte
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Lebenslauf, selbstverfasst
für Kunst-im-Karner
geboren
am 24.9.1941 in Kassel. Studium der evangelischen Theologie in
Bethel/ Bielefeld, Wien, Göttingen und Bonn. Assistent an der Ev.
theol. Fakultät der Universität Wien. 1971 Promotion zum Dr. theol.
mit einer Arbeit über den Straßburger Reformator Martin Bucer. Von
1971 bis 2007 Pfarrer der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Mödling.
Zwei Jahrzehnte Leitung des Evang. Bildungs-werks Niederösterreich,
einige Jahre Senior (Stellver-treter des Superintendenten) und
Abgeordneter zur Synode. Verleihung des Großen Ehrenzeichens des
Landes Niederösterreich. Gemeinsam mit dem schon verstorbenen
Pfarrer von St. Othmar (und späteren Dompropst von Wiener Neustadt)
Prälat Wilhelm Müller hat er sich um Wachsen des ökumenischen Lebens
in Mödling bemüht. Im Zusammenhang mit der 1100 Jahr Feier der Stadt
Mödling erhielt er 2003 den Ehrenring der Europastadt. Durch die
großen Ausstellungen der Documenta in Kassel seit der Jugend zur
Auseinander-setzung mit moderner Kunst provoziert, fragt er nach der
religiösen Dimension von bil-dender Kunst. Er hat großes Interesse an
dem Gespräch zwischen Kunst und Kirche und engagiert sich seit der
Pensionierung 2007 verstärkt im Verein "Kunst im Karner". |
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Nachruf Dr. theol. Klaus Heine /
Erinnerungen an Klaus Heine |
Gerade
einmal 6 Jahre ist es her, als Klaus Heine, Andrea Schubert und ich
gemeinsam Valentin Oman in seinem Atelier in Wien besuchten um zu
überlegen, welche Bilder für eine Ausstellung im Karner in Frage
kämen. Bei jenem Atelierbesuch las er auf der Rückseite eines Gemäldes
den handschriftlichen Satz: „Sic transit gloria hominis.“ So vergehen
Glanz und Herrlichkeit des Menschen! Und Klaus Heine machte eine
Bemerkung, die wir alle nicht sehr ernst nahmen – „…wie schnell das
doch gehen kann….“
Schnell ist es nun wirklich gegangen, und
wir können es noch gar nicht richtig fassen: Klaus ist nicht mehr da,
kann nicht mehr angerufen oder befragt werden zu gerade bewegenden
Themen oder auch zu organisatorischen Kleinigkeiten….. Er kann uns
zwar nicht mehr mitreißen mit seinen Ideen und Querverbindungen, die
er mit seinem enormen Wissen und seiner Lebenserfahrung ständig neu
herstellte und punktgenau zu formulieren wusste, aber seine
Begeisterungsfähigkeit und seine Gedanken werden uns weiter begleiten
und uns helfen, auch „Durststrecken“ durchzuhalten und nicht gleich
aufzugeben. |
Bei
jedem neuen Künstler oder jeder Künstlerin hatte Klaus Heine sofort
eine Vision, wohin die Reise gehen sollte, was der eigentliche Kern
der Aussage sein sollte. Bei einer Ausstellung war dies aus mehreren
Gründen besonders zwingend: als Hermann Nitschs „Auferstehungsbild“
den Karner 2010 mit seiner gelben Farbe förmlich überflutete.
Einerseits war es dieses zentrale Thema des christlichen Glaubens,
andererseits die sehr widersprüchliche Person des speziell in
christlichen Kreisen umstrittenen Künstlers und nicht zuletzt die
Feier des Evangelischen Kirchentags Niederösterreich, die mit dieser
Ausstellungseröffnung einherging, die Klaus Heine in besonderer Weise
herausforderte, aber auch zu einem sehr persönlichen Bekenntnis seines
eigenen Auferstehungsglaubens bewog:
„Bei den Aussagen über die Auferstehung geraten wir schnell an die
Grenzen dessen, was wir seriös über das neue Leben sagen können.
Wesentlich ist die unverbrüchliche Gewissheit, dass Gott, an den ich
glaube, der um unsertwillen Mensch geworden ist, sich dem Tod
ausgesetzt hat und in seine Herrlichkeit zurückgekehrt ist, mich auch
im Tod, wenn ich mich
selbst
verliere, nicht fallen lässt, sondern zu seinem ewigen Leben beruft.“
Dies schrieb er selbst in der Zusammenfassung seines theologischen
Gesprächs mit Pfarrer Richard Posch zum Thema „Auferstehung Jesu
Christi – Mythos oder Geschichte“.
Und ein Glaubender war er, auch wenn es ihm in den Monaten der
Krankheit manchmal schwer gefallen sein mag, darüber zu sprechen, -
auch wenn die Beschwerlichkeiten des „irdischen Todeslebens“ überhand
nahmen, blieb doch die Hoffnung auf „das andere Leben“ nach der
Auferstehung, die er als „Einbruch der neuen Welt Gottes in diese alte
Welt“ sah.
In unserem Glauben hat Klaus sein Leben nun in Gott vollendet und kann
IHN in seiner Herrlichkeit schauen und daran teilhaben.
Für Dein Wirken hier in Mödling und speziell bei KUNST
IM KARNER wollen wir Dir, lieber Klaus, aus ganzem Herzen danken. Wir
hoffen, dass es gelingen wird, in Deinem Sinn weiter zu arbeiten und
Kunst als einen der Wege zu Verkündigung und Auseinandersetzung mit
unserem Glauben zu sehen und zu begreifen.
Deiner Familie und der Evangelischen
Kirche in Mödling sprechen wir unser tiefempfundenes Beileid aus!
Doris Reiser und das Team von KUNST IM KARNER |
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Freitag,
6. September 2019
Annemarie
Ortner-Kläring
Doris
Reiser
Carl Aigner
v.l.n.r: D. Reiser,
J. Berger & C. Aigner
mehr
ausgestellte
Wortkörper hier:
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Vernissage |
Schon vor dem eigentlichen
Beginn der Vernissage kamen viele Besucher, um die ausgestellten
Objekte von Johann Berger im Karner und auf dem Kirchenplatz in
Augenschein zu nehmen und eine große Neugierde und steigende
Begeisterung war spürbar. Im Karner erklang dann der erste Satz
„Dolce“ aus der 7. Fantasie in Es-Dur von Georg Philipp Telemann,
wunderbar interpretiert von Prof. Annemarie Ortner-Kläring, der
langjährigen Konzertmeisterin des RSO Wien. |
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Nach den Begrüßungsworten
von Kunst-im-Karner-Obfrau Doris Reiser, die erfreulich viele
Vertreter der Stadtgemeinde,Freunde des Künstlers sowie treue Besucher
der Veranstaltungsreihe willkommen heißen konnte, sprach
Kulturstadtrat Stephan Schimanowa zu den ausgestellten Werken und
betonte, dass der Mensch nur durch die Kunst Anteil an der
Göttlichkeit haben könne. |
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Nach dem 2. Satz „Allegro“
der Violinfantasie gestaltete Carl Aigner vom Museum Niederösterreich
die Einführung in Form eines Dialogs mit dem Künstler und stellte
klar, dass das dreidimensionale Gestalten, sei es nun in Form von
Skulptur oder Plastik die erste künstlerische Tätigkeit gewesen sei,
die der aufrechtgehende Mensch mit den nun freigewordenen „Werkzeugen“
seiner Hände geschaffen habe und dass es wissenschaftlich immer mehr
vertreten werde, dass erst dieses „Begreifen“ letztendlich auch zur
Entwicklung der Sprache und von „Begriffen“ geführt habe. Johann
Berger kehrt den Vorgang quasi um und macht aus (abstrakten) Wörtern
wieder begreifbare Objekte. |
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Nach dem sehr berührenden
„Largo“ und dem abschließenden „Presto“ der Solofantasie eröffnete
Bürgermeister Hans Stefan Hintner die Ausstellung mit launigen Worten
und betonte die Wichtigkeit und Wertigkeit der Ausstellungen der Reihe
„Kunst im Karner“ und bedankte sich herzlich bei allen Beteiligten für
das Zustandekommen. |
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v.l.n.r.: Kulturstadtrat Stefan Schimanowa,
Vizebürgermeister Gerhard Wannenmacher, Annemarie Ortner-Kläring,
Pfarrer Richard Posch, Johann Berger, Bürgermeister Hans Stefan
Hintner und Obfrau von Kunst-im-Karner Doris Reiser |
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Text: dr, Fotos: gm,
cb &
js |
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Samstag,
7. September 2019
Dr. Jutta Henner
über die Bibel:
Gott spricht am Anfang, zu seinem Volk, zu den
Propheten und zum Volk durch die Propheten, und zwar Worte, die die
Menschen im Innersten angesprochen haben. Daher
werden sie weitererzählt, aufgeschrieben, einander zugesagt.
Das Wort wird Fleisch, wenn es angenommen wird, dass die
Menschen es hören – siehe auch Mt 25.
Das Wort (d.h. die Bibel) ist mehr
als bloß eine Aneinanderreihung von Buchstaben: Gott ist für uns, bei uns
und mit uns. (=Menschenfreundlichkeit
Gottes.) In
der Bibel können wir dem lebendige Gott begegnen, Jesus ist die Mitte der
Schrift, und der Geist ist notwendig, dass diese alten Worte uns
ansprechen. Und es sind begeisterte Menschen wichtig, die diese Worte
weitersagen, auslegen und erzählen.
Die Bibel ist in 3988 Sprachen noch nicht
übersetzt. Und das Pfingstereignis
ist quasi ein Kontrapunkt zur babylonischen Sprachverwirrung. |
Dr. Jutta Henner Das Wort in der
göttlichen Offenbarung
„..und das Wort ist Fleisch geworden..“ |
Johannesevangelium 1: „Im Anfang war
das Wort…“ – Goethes Dr. Faust versucht dieses Wortzu übersetzen und
kommt zu mehreren Antwortmöglichkeiten in der deutschen Sprache, die
im Gegensatz zum Griechischen und besonders dem Hebräischen sehr wenig
flexibel ist. Er kommt auf „Sinn“, „Kraft“, „Tat“. Und diese Ausdrücke
passen sehr wohl zu diesen Evangelienversen, die auch, wie die
evangelische Bibelwissenschaftlerin erklärt, aus dem
Lieblingsevangelium Luthers und der Ostchristen gehören. Vers 14:“Und
das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt….“ Ließe sich
aus dem Griechischen besser mit „…hat unter uns sein Zelt
aufgeschlagen…“ übersetzen. Gott begleitet sein Volk und ist in einem
mobilen Zelt der Begegnung für sie da. Gott ist da, er spricht auf
Augenhöhe mit den Menschen, er wird im NT „Fleisch“ in Jesus.
Der
rote Faden in der Bibel, diesem „mehrstimmigen Gesang“ ( vatikanisches
Zitat): Gott spricht vom Anfang bis zum Ende (Psalm 115: die Götzen
reden nicht)- in der Bibel 180 mal. Vor allem Aufschreiben steht das
gesprochene Wort. Im AT in der Genesis steht neunmal „..Gott sprach…“,
Worte, die etwas bewirken und bewegen ( Kraft, Tat ), verändern alles.
Er hat die Welt geschaffen, „gut“, „sehr gut“. „Und es geschah“. Gott
ist auf Kommunikation mit den Menschen als sein Ebenbild aus (Text aus
dem 6. Jh. V. Chr.). Er spricht auch unbequeme Worte ( in älteren
Texten ), „Adam, wo bist du?“, er spricht auch zu den beiden, die sich
den dauerhaften Aufenthalt im Paradies verpatzt haben, zu Kain, zu
Noah – er soll einen Kasten als Schutz bauen (Arche). Als Er zu
Abraham spricht, gibt es Gabe und Aufgabe, Zuspruch und Anspruch. Zu
Mose spricht Gott auch, also zu einem flüchtigen Affektmörder. Er
redet mit ihm von Angesicht zu Angesicht, auf Augenhöhe – wie zu einem
Freund (Luther). Auch die Propheten erfahren diesen Zuspruch und
Anspruch Gottes zu ihrer Berufung und reagieren verschieden, zB: Elia,
der im Übereifer sogar seine Kompetenzen überschreitet und die
Baalspriester umbringt, zum Horeb flieht und seinen Aufenthalt mit
einem Wortschwall rechtfertigt.
Hebräerbrief:
Nach dem Alten Testament hat Gott zu uns durch
den Sohn gesprochen – somit schließt sich der Kreis. Fleisch, griech.
Sarx - da spielt Verwesung mit.
Die Vergänglichkeit und das ewige Wort kommen zusammen. Gott stellt
seine Kommunikation mit den Menschen auf eine neue Stufe – als Einer.
Gott ist ganz und gar mit uns. Die Bibel mit ihren fünf Millionen
Wörtern hat das Potential zu Gottes Wort zu werden. Wichtig ist diese
Trias von Hören, Vertrauen und Gehorchen. Jesus spricht uns auf
Augenhöhe an, hat (neu)schöpferische Kraft („…folge mir nach…“,
„….Menschenfischer….“ ). Glaube setzt in Bewegung – Tat, muss sich in
der glaubwürdigen Tat bewahrheiten. Dtn.: Wo immer Gott spricht – „Es
ist euer Leben“.
Nach dem tollen Referat von Frau Dr. Henner gab
es noch eine angeregte Diskussion und
Austausch mit Johann Berger. |
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Text & Fotos: js |
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Sonntag,
8. September 2019
Johann
Berger
Wortkörper:
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Künstlergespräch
Doris Reiser im
Gespräch mit
Johann
Berger |
Im
Gespräch mit dem Künstler Johann Berger versuchte Doris Reiser
zunächst die Wurzeln seiner künstlerischen Tätigkeit zu ergründen. Der
Besuch eines musisch-pädagogischen Gymnasiums und das Studium des
Lehramts für Bildnerische Erziehung und Technisches Werken
unterstützte zwar das Interesse an künstlerischen Techniken , aber
erst die berufliche Tätigkeit in einem Verlag und die erste
Bekanntschaft mit der damals neuen Computertechnik brachte ihn zur
Verknüpfung von Kunst und neuer Technologie. Es folgten Lehraufträge
zu diesen Themen an der Kunstakademie und eine intensive
Auseinandersetzung mit den neuen Möglichkeiten, die rasch immer
weitere Gestaltungsbereiche erschlossen. Die Arbeit als Grafikdesigner
vertiefte das Interesse an Typografie und Schriftkultur, dazu
kam
die Beschäftigung mit der Literatur zur hebräischen Überlieferung,
sowie ein steigendes Interesse an den Grundlagen der westlichen
Philosophie. Versuche mit animierten Bildsequenzen führten zu
räumlichen Konstruktionen und letztlich zu „begreifbaren Begriffen“ –
erste Wortkörper entstanden in Handarbeit aus Holz. Was folgte, waren
viele Versuche mit fast ebenso vielen Rückschlägen in der Umsetzung
der Idee mittels Computergrafik und modernen Herstellungstechniken wie
CNC-Fräsen oder Lasergravuren in Glas. Doch wer Johann Berger kennt,
weiß auch, dass ihn Rückschläge nicht aufhalten, sondern ganz im
Gegenteil anspornen und so lässt er nicht locker, bis die
Wortkörper-Objekte seinen Vorstellungen entsprechen. |
Diese
Liebe zum Detail wurde auch bei der Ausstellungsgestaltung sichtbar:
Berger hatte nach mehreren Vorbesichtigungen im Karner einen genauen
Plan, den er mit seinen Mitarbeitern penibel umsetzte: Dabei wurden
die Objekte zentimetergenau positioniert, um einen Dialog der
ausgestellten Arbeiten mit den architektursprachlichen Gegebenheiten
des Karners zu eröffnen. Schon bei der großen Ausstellung in
Mürzzuschlag im Oktober 2017 wurde der zugrunde
liegende Sakralraum mit seinen Achsen quasi zum Parcours für die
unterschiedlichen Überlegungen und künstlerischen Umsetzungen durch
Johann Berger. Im begrenzten Raum des Mödlinger
Karners wurde speziell der Begriff für
„Zeit“
in Szene gesetzt, passend zur Symbolik der Vergänglichkeit allen
Fleisches. Neu angefertigte Objekte sind das vierteilige Wandbild, das
„Jetzt“ in vier Sprachen (deutsch, englisch, altgriechisch und
hebräisch) zeigt und im Vorübergehen den kurzen Moment der Gegenwart
erfahren lässt. Daneben ein Objekt, das zwei hebräische Begriffe für
„Zeit“ nebeneinander in Bronzeguss mit Platinauflage zeigt und dessen
glänzende Oberfläche besonders zur Berührung einlädt. |
Mit
launigen Worten erklärte Berger Details zur Entstehung seiner
Wortkörper, die Tücken und Fährnisse der technischen Umsetzung, aber
auch die Begeisterung beim ersten „Begreifen“ von neu angefertigten
Objekten, die alle Schwierigkeiten vergessen lässt. Das zahlreich
erschienene Publikum dankte mit langem Applaus und vielen
individuellen Fragen und Gesprächen im Anschluss.
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Text: dr, Fotos: hb & gm |
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Samstag,
14. September 2019
Einführung in den
Film:
Pfarrer Richard Posch
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FILM: Verstehen Sie
die Beliers ? |
ist ein Komödie aus dem Jahr 2014
von Eric Lartigau mit Karin Viard, François Damiens und Louane
Emera.
In der französischen Tragikomödie Verstehen Sie die Béliers?
versucht ein Mädchen das richtige Gleichgewicht zwischen einem
geordneten Leben mit ihrer taubstummen Familie und ihrem eigenen
Glück zu finden.
Hintergrund & Infos zu
"Verstehen Sie die Béliers?"
Für Louane Emera ist Verstehen Sie die Béliers? (OT: La famille
Bélier) die erste Mitwirkung in einem Film. Bühnenauftritten hat
die Nachwuchs-Schauspielerin allerdings schon so einige hinter
sich gebracht, denn 2013 verfolgte ganz Frankreich, wie sie bei
der zweiten Staffel von “The Voice” mitwirkte. Somit war es nur
logisch, sie als Gesangs-Talent Paula zu besetzen.
Quelle:
https://www.moviepilot.de/movies/verstehen-sie-die-beliers
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Fotos: gm |
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Sonntag,
15. September 2019
Oberrabbiner
Schlomo Hofmeister
Dabar und
Logos
Unterschied zwischen dem
griechischen und hebräischen Denken Das griechische Wort für
„Wort“ ist „Logos„. Es steht neben, nein, über den Dingen, die es
bezeichnet und die Welt des Denkens ist völlig abgehoben und getrennt
von der Realität. Das Wort „Stuhl“ zB ist nur über die willkürliche
Zuordnung, dass es eben das bezeichnet, was wir als Sitzgelegenheit
benutzen, mit dem Gegenstand verbunden.
Ganz anders im Hebräischen. „Dabar“ heißt Wort – und schon der
Klang dieses Wortes ist drängender, bewegter, dynamischer als der des
Begriffs „Logos“. „Dabar“ ist das wirkende Wort, das nicht abseits der
Wirklichkeit steht, sondern selbst eine Wirklichkeit ist und
Wirklichkeit schafft.
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Dabar und
Logos |
Zu
Beginn seines äußerst interessanten Vortrags versuchte Rabbiner
Hofmeister zu erklären, warum das hebräische Wort „Dabar“ aus
jüdischer Sicht nicht so einfach der griechischen Übersetzung „Logos“
gegenüber zu stellen ist. Durch die „erzwungene“ Übersetzung der Thora
ins Griechische im Hellenismus versuchten die damaligen Machthaber
Einfluss und Hoheit über die Religionsausübung der Juden zu gewinnen,
indem die religiösen Grundlagen quasi für alle zugänglich gemacht
wurden. Im Hebräischen geht es aber nicht nur um das Narrative, das in
den 5 Büchern Mose niedergeschrieben steht, sondern auch um die
besondere Anordnung der Buchstaben. Auch ihre Verteilung in Zeilen und
Spalten ist genau festgelegt und wird seit mehr als 2000 Jahren
vollkommen identisch
weitergegeben.
Da es im Hebräischen praktisch keine geschriebenen Vokale gibt, kann
ein geschriebenes Wort aus Konsonanten je nach
Zusammenhang mit unterschiedlichen Vokalen verbunden werden und so
komplett andere Wörter entstehen lassen. Außerdem kann jedem
Buchstaben eine Ziffer zugeordnet werden und die so entstehenden
Zahlenreihen haben auch wieder ihre eigene Bedeutung und bilden eine
weitere Ebene des Textes. Weiters kann auch senkrecht oder diagonal
eine Buchstabenkombination erfolgen und aus den so schier unendlich
erscheinenden Möglichkeiten ist praktisch jedes Ereignis aus den
Buchstaben der Thora ablesbar. |
Dieser
Text ist für die Juden der Bauplan der Welt, in dem Gott alles
festgeschrieben hat, was war, ist oder sein wird. Diese vielseitige
Interpretation ist natürlich durch eine „einfache“ Übersetzung in eine
andere Sprache nicht tradierbar und wird außerdem in der jüdischen
Tradition durch die Schriften des Talmud mit Erklärungen, Regeln und
Vorschriften weiter ergänzt und verfeinert. Der Talmud wurde durch die
Diaspora notwendig, um eine Kontinuität in der Tradition zu
gewährleisten. Nur diese Kombination von Thora und Talmud ermöglicht
es Juden, ein gottgefälliges und gutes Leben zu leben und die Seele
spirituell zu erheben. Als Jude (geboren von einer jüdischen Mutter)
gehört man automatisch zum auserwählten Volk, das den Bund mit Gott
akzeptiert hat und stellvertretend für die gesamte Menschheit das
Priesteramt inne hat. Mit dieser priesterlichen Funktion ist gemeint,
Gott zu den Menschen zu bringen und die Menschen so zu erhöhen, dass
sie Gott näher kommen. Das heißt, dass sich jedes gute oder schlechte
Verhalten auch auf die gesamte Menschheit auswirkt. Dabei ist es
unwesentlich, ob man streng nach den Vorschriften lebt, das muss jeder
für sich selbst entscheiden. Verbindend mit anderen Religionen und
Kulturen sind auf jeden Fall allgemein gültige ethische Grundsätze des
Zusammenlebens, unabhängig von den 10 Geboten des Bergs Sinai. |
Rabbi
Hofmeister betonte die Schwierigkeiten in der christlichen Auffassung,
dass das Christentum quasi eine Fortführung des Alten Testaments sei
und diese Schrift in gleicher Weise für beide Religionen gelte. Dies
sei so nicht haltbar, da die Auslegung und Betrachtungsweise des
geschriebenen Worts zu unterschiedlich sei. Deswegen begrüße er den
interreligiösen Dialog, der in den letzten Jahren diese zu enge
Verbindung zwischen Judentum und Christentum vermeide. Die christliche
Religion sei untrennbar mit der griechischen Philosophie und der
griechischen Denkweise verbunden, die zwar jüdische und antike
Traditionen aufgreife, sie aber inhaltlich stark verändere. |
Geduldig erklärte Rabbi Hofmeister im
Anschluss viele Fragen aus dem Publikum und konnte in seiner klaren
und verständlichen Sprache und Argumentation viele Unklarheiten
beseitigen. |
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Text: dr & Fotos: js |
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Freitag,
20. September 2019
Margareta Divjak-Mirwald
Reitia-Fundort:
Der Fundplatz des Reitia-Heiligtums
befindet sich rund 1 km südöstlich des Stadtzentrums von Este, in der
nord-italienischen Provinz Venetien. Die
Stadt Este liegt am südlichen Fuß der Euganeischen Hügel, die sich um rund
600 m aus dem oberitalischen Tiefland erheben. Wie zahlreiche andere
Fundstellen im Stadtgebiet von Ese, wurde der Fundplatz des
Reitia-Heiligtums bereits am Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt.
Sie kann mit verschiedenen Funktionen in Verbindung gebracht werden, unter
anderem als Flussgöttin und als Göttin des Handels wie auch der Schrift.
Quelle: http://www.uni-koeln.de/phil-fak/praehist/reitia/
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Reitia – die venetische Göttin des geschriebenen Wortes |
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In eine unbekannte Welt vergangener
Tage führte der Vortrag von Margareta Divjak-Mirwald über Reitia – die
venetische Göttin des geschriebenen Wortes. Die Veneter waren eine
Ethnie in Oberitalien mit dem Hauptort Este, deren Sprache, die
zu der indogermanischen Sprachfamilie gehört, mit den
italischen Idiomen verwandt ist. Erhalten haben sich wenige Reste
eines Schrifttums – ab der Mitte des 6. Jhdt. v. Chr. bis ins 2. Jhdt.
v. Chr. − in einer eigenen Schrift, deren Vorbild im etruskischen
Alphabet liegt und die oft boustrophedon
geschrieben wurde (wie die Rinder beim Pflügen hin- und hergeführt
werden). Dabei ist eine Zeile links- die
nächste rechtsläufig angelegt, wobei auch die Buchstaben
spiegelbildlich dargestellt werden. Die Besonderheit dieser Schrift
ist ein Punktiersystem, mit dem Silben und Wörter getrennt wurden.
Erhalten haben sich Relikte des Venetischen auf
Grabsttelen, Bronzetafeln und interessanterweise auch auf
Schreibgriffeln, auf deren Längsseiten Widmungen eingeritzt waren.
Diese Griffel aus Bronze waren als Opfergaben für die Göttin Reitia
gedacht, die nach dem heutigen Stand der Wissenschaft
ausschließlich von Frauen der Göttin dargebracht wurden, was
sich aus den Widmungen erschließen lässt. In Este-Baratella war ihr
ein Heiligtum geweiht, das vielleicht bedeutendste des antiken
Venetiens, das nicht nur von religiöser Bedeutung war, sondern auch
als Heilzentrum einen besonderen wirtschaftlichen Faktor darstellte.
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Reitia dürfte eine Muttergottheit
gewesen sein, die viele Funktionen in sich vereinigte. In dem Vortrag
kam vor allem ein Aspekt zur Geltung, der sonst stark vernachlässigt
wird – die Göttin als Schützerin der Schrift, eine Funktion, die in
Anbetracht der geschichtlichen Entwicklung in Italien erstaunt, wird
doch eine relativ breite Alphabetisierung in der Bevölkerung
vorausgesetzt. Der Name der Gottheit scheint
sich von der Wurzel * rei- abzuleiten, die auch in unserem Wort
„Ritzen“ = Schreiben, bzw. im englischen Wort „write“
steckt– dann ist die Göttin die Schreiberin, bzw. diejenige die
das Schicksal der Menschen niederschreibt und somit auch lenkt. |
Dieser wissenschaftlich fundierte und
rhetorisch gut gehaltene Vortrag von Margareta Divjak-Mirwald, die es
verstand, die komplizierte Materie verständlich darzustellen,
ermöglichte einen Einblick in eine Kultur, die bereits einen Höhepunkt
erreicht hatte, als die Römer sich erst von der etruskischen
Herrschaft befreien mussten. Sie wurde aber ab dem 2. Jhdt. v. Chr.
allmählich durch die sich durchsetzende römische Zivilisation
abgelöst. |
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Text: jd & Fotos: gm |
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Samstag,
21. September 2019
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Samstag,
21. September 2019
Otmar Bergsmann
Ludus verbalis
Ensemble WOC
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Musik im
Wort-Wort in der Musik -
Gespräch mit musikalischen Beispielen durch das Ensemble WOC & Otmar
Bergsmann |
Im
Anschluss an die Präsentation der Broschüre zog Otmar Bergsmann mit
seinem WOC-Ensemble die Besucher in seinen Bann: mit dem geschickt
gewählten Stück „Wer ?“ aus der Komposition „Ludus verbalis“ von
Einojuhani Rautavaara (geb. 1928) stellte er den ersten Teil seiner
Gedanken zu „Musik im Wort – Wort in der Musik“ vor. Im Gespräch mit
Doris Reiser kamen Fragen wie „Was war zuerst da, Sprache oder Musik
?“ oder „Was macht den Unterschied zwischen der Komposition
Rautavaaras und einem Sprechgedicht von Ernst Jandl ?“ zur
Beantwortung. Durch den musikalischen Werdegang von Otmar Bergsmann
(Sängerknaben vom Wienerwald, Kantorenausbildung, Studium der
Kirchenmusik, Mitwirkung bei vielen lokalen und auch renommierten
Chören und Ensembles, Chorakademie Krems, Studium der Tontechnik etc.)
hat er eine umfassende musikalische Ausbildung und vor allem Bildung
des Gehörs erworben. |
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Dies ermöglicht ihm nun bei eigenen Vertonungen aus diesem großen
Repertoire der abendländischen Kunst zu schöpfen und vielleicht
unbewusst vieles aus der musikalischen Rhetorik anzuwenden, die er
sich in unzähligen Proben und Aufführungen mit namhaften Dirigenten
wie Nikolaus Harnoncourt oder Erwin Ortner angeeignet hat. Er
demonstrierte das an der Vertonung des Psalms „Mein Gott, warum hast
du mich verlassen“, ein Stück, das er für die Karfreitagsliturgie in
St. Othmar komponiert hat. Das achtköpfige Ensemble ließ die Zuhörer
Stück für Stück die einzelnen Verse miterleben, unterstützt durch die
Erklärungen von Otmar Bergsmann. Sehr gut konnte man das
auskomponierte Lachen oder Kopfschütteln nachvollziehen. Zum Abschluss
erklang der ganze Psalm glasklar in der wunderbaren Raumakustik des
Karners und löste großen Beifall des Publikums aus.
Kurze Hörprobe von der Aufführung hier |
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Text: dr & Fotos: gm |
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