Übersicht alle
bisherigen Ausstellungen |
KIK Fotos und Berichte
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Dionysus oder Christus
von
Hermann Nitsch
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3. Juni 2010
Familiengottesdienst
zum Evangelischen Kirchentag
Niederösterreich
Dieser evangelischer
Gottesdienst in der katholischen Stadtpfarrkirche in Mödling war sicher
etwas besonders. Zur Eröffnung des Evangelischen NÖ Kirchentags in
Mödling "borgten" Stadtpfarrer Richard Posch und die
katholischen Christen "ihre Kirche" St. Othmar den evangelischen
Schwestern und Brüdern, die für diesen Familiengottesdienst gerade groß
genug war.
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3. Juni 2010
Vernissage
AUERSTEHUNG
Dionysos oder Christus
Begrüßung durch Pfarrer Markus Lintner und Kuratorin
Sybille Roszner
Grußworte Superindentent Paul Weiland
Mag. Doris Frass-Heckermann
Kommerzialrat
Karlheinz Essl
die ausgestellten Werke von Hermann Nitsch:
Bischof
Dr. Michael Bünker
Ausstellungseröffnung
durch Bürgermeister
LAbg.Hans Stefan Hintner
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Nach einem kalten
und niederschlagreichsten Mai der letzten Jahre konnte der
evangelische Pfarrer von Mödling, Markus Lintner, im Anschluss an
den Familiengottesdienst des Niederösterreichischen evangelischen
Kirchentags gemeinsam mit Kuratorin Sybille Roszner die vielen
Festgäste am Kirchenplatz zwischen der Stadtpfarrkirche St. Othmar
bei herrlichen Wetter begrüßen. |
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Superintendent Mag. Paul Weiland
erinnerte in seiner Begrüßung daran, dass Mödling viele historische
evangelische Spuren hat. So auch in der Bürger-Spitalkirche, die in
der Zeit der Reformation ja wie viele Kirchen eine "evangelische" mit einem evangelischen Pfarrer
war. Er wünschte der jetzigen
Ausstellung, dass diese eine Brücke zwischen Kunst und
Spiritualität bauen könne. |
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Mag. Doris Frass-Heckermann dankte
in ihrer Ansprache KR Karlheinz Essl für seine Bereitschaft die
Bilder seines Museums Kunst-im-Karner für diese Ausstellung und das
Rahmenprogramm zu überlassen und für die Hilfe und Unterstützung
durch Museumskurator Günther Oberhollenzer. Kunst-im-Karner will
auch "Brücken bauen" zwischen der zeitgenössischen Kunst
(bei dieser
Ausstellung des derzeit wohl international bekanntesten lebenden
österreichischen Künstlers Hermann Nitsch) und der
Auseinandersetzung mit religiösen Themen. Weitere Dankesworte gab
es für die Sponsoren, der Stadtgemeinde Mödling, dem Lions-Club und
den Rotarieren, aber vorallem Altpfarrer Dr. Klaus Heine. Dieser,
so meinte Doris Frass-Heckermann "ist ja seit seinem Ruhestand
einer der
Motoren im Verein Kunst-im-Karner". |
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Kommerzialrat Karlheinz Essl,
einer "der Kunstmäzene" Österreichs und
bekennender evangelischer Christ, erinnerte sich am Anfang seiner Begrüßung
an seine häufigen Besuche vor vielen Jahren in Mödling, als er in der
Baustoff-Firma seines Schwiegervaters tätig war. Damals besuchte
er, meistens am Freitag, die Filiale in Mödling und hatte viel mit
den damaligen Mödlinger Baufirmen Joiser und Südbau zu tun.
Gerne, meinte er, hat er diese sehr kostbaren Werke von Hermann
Nitsch, das Tryptichon Auferstehung, hier zur Verfügung gestellt,
nachdem er sich von der Ernsthaftigkeit dieser Ausstellungen im
Karner mit ihrem Rahmenprogramm überzeugt hatte.
Dann schwenkt er in seiner Rede zu Hermann Nitsch:
Die österreichischen Künstler der Nachkriegsgeneration drängten
nach Nazizeit und Nachkriegsentbehrungen in den "Aktionismus". So
wurde dieser "österreichisch Aktionismus" ein wichtiger Teil des Kunstschaffens des 20.
Jahrhunderts.
Das Anliegen von Hermann Nitsch, dessen Wurzeln im barocken
Katholizismus liegen, ist in erster Linie das Theater und das
Mysterienspiel. Auch in diesem Genre hat er neben der Musik viele
Werke geschaffen. Nitsch liebt das Leben und den Wein. Auch wenn
seine Mysterienspiele in Prinzendorf viele wegen der Verwendung von
Blut …abschreckt, so sind diese eher Prozession und Theater, jedoch
mit religiösen Hintergrund. Blut ist unser aller Lebenssaft und die
Verwendung bei Opferritualen ist mehrfach im Alten Testament
niedergeschrieben. So hat König Salomon bei der Eröffnung des
Tempels 1000 Ochsen schlachten lassen. Vieles in unserer heutigen
Welt, so meinte Karlheinz Essl, ist doch in seiner Realität viel
schrecklicher. Nitsch will uns mit den Schüttbildern und der Farbe
"rot" bewusst die Realität unseres Lebens zeigen. Mit dem
Auferstehungsbild und der der Farbe "gelb" zeigt uns Nitsch die
Farbe der Hoffnung. Alle Christen ist doch durch Jesus Christus die
"Geborgenheit in der Liebe Gottes", das ewige Leben versprochen.
Am Schluss seiner Ansprache richtete er an alle Besucher, die sich
jetzt und in den nächsten 2 Wochen die Bilder im Karner ansehen
werden, den Appell, die bei Kunst-im-Karner ausgestellten Werke auf
sich einwirken zu lassen. Sie sind Ausdruck der Hoffnung und werden
in jedem neue Aspekte der persönlichen Spiritualität erzeugen.
Man muss das nur zulassen. |
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Musikalische Umrahmung durch das Bläserensemble der
Beethovenmusikschule Mödling |
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Auch Bischof Dr. Michael Bünker war
zum evangelischen Kirchentag nach Mödling und zur Vernissage
gekommen. Gleich am Anfang seines Zwiegesprächs mit Karlheinz Essl
bemerkte er, dass die Vernissage und das Rahmenprogramm von Kunst-im-Karner offensichtlich bewusst Dionysos "oder" und nicht
"und" Christus lautet. Dazu und zu dem Schaffen von Nitsch stellte
er Karlheinz Essl einige Fragen:
Warum "Dionysos oder Christus" und nicht "Dionysos und Christus"?
Essl meint dazu, dass Dionysos, als Gott des Weines und des
bejahenden Lebens für Nitsch wie Christus ist, der das Leben
bringt. Bünker merkt dazu an, dass Nitsch sich in seinem "Malhemd"
im Auferstehungsbild wie der Auferstandene fühlen wolle. Er
verstehe, dass viele Gläubige durch den Aktionismus von Nitsch
"verstört" sind. Nitsch wolle aber durch Abschreckung "das Böses"
überwinden und diese "Reinigung" soll damit erreicht werden. Der
katholische Bischof Kapellari spricht sich ja gegen jede
Ausstellung von Nitsch in sakralen Räumen aus. Der evangelische
Bischof Bünker meinte dazu, dass es die Kirchen nicht verhindern
und verbieten können, dass Künstler religiöse Themen behandeln.
Besser sei es da sich der Herausforderung und der Diskussion zu
stellen. Essl erinnerte sich in diesem Zusammenhang an die
Ausstellung eines besonders realistisch gestalteten Kreuzwegs von
Damian Hirst in seinem Museum in Klosterneuburg. Die Darstellungen
seien brutal und nicht ästhetisch. Dies löst bei vielen Konflikte
und Aggressionen aus. Diese Ausstellung wurde auch von der
Amtskirche sehr kritisch angesehen, obwohl der Kreuzweg selbst eine
unbedingt positive Botschaft hatte. Überdies erweitert dies bei
jedem interessierten Gläubigen den Horiszont und lässt neue
Einblicke in die menschliche Existenz zu. Essl schloss das
Zwiegespräch mit Bünker, dass er sich wünsche, dass die Kirche mit
der vorschnellen Verurteilung von Nitsch vorsichtiger sei, wo sie
doch selbst „vieles Grausliches“ zulasse. Damit spielte Karlheinz
Essl auf die vielen zuletzt bekannt gewordenen und vertuschten
Missbrauchsfälle an. |
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Als letzter Redner nach
Bezirkshauptmann-Stellvertreter Mag. Andreas Strobl kam dann der
Mödlinger Bürgermeister LAbg. Hans Stefan Hintner zu Wort und
erinnerte daran, dass die Othmarkirche, Pfarrhof und Spitalkirche
ja der Stadt gehören. Im Gabebrief des Kaisers Ferdinand I. ist
ausdrücklich vermerkt "…..und macht mir die Mödlinger wieder
katholisch". Heute ist Mödling aber ein Musterbeispiel an gelebter
Ökumene, dies zeigt auch, dass der evangelische Kirchentag hier
stattfindet. Hintner dankte ausdrücklich dem Team von
Kunst-im-Karner und der katholischen Pfarre für ihren Mut, diese
Ausstellung mit Bildern und zwei Programmpunkten mit Nitsch selbst
im Rahmenprogramm durch zu führen. Er wisse auch, dass die
"Telefone bereits heiss" gelaufen sind, auch bei ihm. Dazu meinte
Hintner, dass er es immer ablehne, als Bürgermeister als
"Geschmacksbehörde" zu fungieren und eröffnet die Ausstellung. |
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Nach der Eröffnung lassen alle
Besucher die "Auferstehung" von Hermann Nitsch aus sich "wirken" |
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nach
oben - zum vorherigen Bericht |
(Mitschrift &
Fotos:
gm) |
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4. Juni 2010
Werkeinführung
Hermann Nitsch,
Prof. Wolfgang Denk (Direktor des MZ Mistelbach)
Wolfgang Denk, neun Jahre jünger als
Hermann Nitsch, und „aus dem westlichen Niederösterreich von einem
Bauernhof stammend“ (Zitat Denk) ist in den frühen 70er Jahren
erstmalig in Kontakt mit Hermann Nitsch und seiner Aktionskunst
getreten und sie hat ihn seither nicht mehr losgelassen. Selbst
künstlerisch tätig, ist er Gründungsdirektor der Kunsthalle Krems
und damit entscheidend beteiligt an der internationalen Anerkennung
des sich immer mehr erweiternden Kunstbezirkes in Stein an der
Donau. Er ist Direktor des neugegründeten Nitsch-Museums in
Mistelbach, nahe Prinzendorf an der Zaya, wo Hermann Nitsch im 1971
erworbenen Schloss 1998 erstmals sein 6-Tage-Spiel, das er bereits
1958 erstmals in seiner Vorstellung konzipiert hat, verwirklichen
konnte.
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Fast
emotionslos und ermüdend liest Wolfgang Denk den Werdegang von
Hermann Nitsch und seine Kontakte zu anderen Künstlern, seine
Ausstellungsbeteiligungen und seine Rückkehr nach Österreich in den
70er Jahren aus seinem Manuskript vor. Die lebenslange
Auseinandersetzung des Künstlers mit Philosophien und Religionen,
seine hunderte Seiten langen Traktate darüber und die akribisch
genauen Vorstudien zu seinen Malaktionen und Mysterien-Spielen, die
in dicken Wälzern als Partituren festgehalten werden und trotzdem
im Moment der Ausführung Platz lassen für die „Kunst des
Augenblicks“, das quasi Unplanbare. Fast könnte man meinen, die im
Karner ausgestellten Bilder, auf die Wolfgang Denk auch Bezug
nimmt, sind Nebensächlichkeiten im Schaffen von Hermann Nitsch, ein
Faktum, das ihm auch von Künstler-Kollegen immer wieder vorgeworfen
wird.
Denk
erklärt, dass jeder Malaktion, in der Bilder wie die ausgestellten
möglicherweise entstehen, eine lange und genaue Planungsphase
haben, die Farbwahl sehr exakt festgelegt wird und dabei Bezug
genommen wird auf die inhaltliche Aussage, die die Bilder dann
haben sollen. Viele Jahre lang hat Nitsch nur mit Rot, später auch
mit Schwarz gearbeitet, erst seit etwa 10 Jahren gibt es einige
gelbe „Auferstehungsbilder“, die in ihrer extremen farbigen
Leuchtkraft auch die „penetrant“ gelben Rapsfelder und reifen
Kornähren aus der Umgebung von Prinzendorf wiederspiegeln. Die
Einbeziehung eines Malhemdes gibt dem Bild, abgesehen von den
Malspuren des Farbauftrages, eine weitere körperliche Dimension und
macht den Künstler „gegenwärtig“.
Denk
geht auch auf den Terminus „Schüttbild“ ein, der untrennbar mit dem
Werk von Hermann Nitsch verbunden ist, rein technisch gesehen aber
in den meisten Fällen nicht zutreffend ist. Eigentlich sind es eher
„Rinnbilder“ oder einfach Zeugnisse des Entstehungsprozesses, die
die körperlichen Aktivitäten des Malers ahnen lassen.
Zu den beiden roten „Schüttbildern“ der Ausstellung stellt Denk
fest, dass sie bei der Entstehung ganz anders gewirkt haben, da
sowohl das verwendete Blut als auch die rote Farbe den gleichen
Farbton gehabt haben. Erst durch die Oxidation des Blutes kommt es
zur bräunlichen Verfärbung und damit zur Veränderung des
Bildeindruckes. In weiterer Folge ist der Zersetzungsprozess, der
bei organischen Substanzen wesentlich rascher fortschreitet als bei
Ölfarben, ein Problem in der Erhaltung der Bilder und muss
überdacht werden. |
In der darauf
folgenden Diskussion berichtet Denk auch von den
Orgien-Mysterien-Aufführungen und versucht vorsichtig klar zu
machen, dass die im 6-Tage-Spiel stattgefundene Schlachtung eines
Stieres mit einer unglaublichen Eindringlichkeit diesen kurzen,
aber alles entscheidenden Moment „von Leben oder Tod“ vermittelt,
der kraftvolle Stier von einer Sekunde zur anderen nur mehr „tote
Materie“ ist, das Leben aus ihm gewichen ist, - um die Bedeutung
von „Leben“ erfahrbar zu machen. Diese Schlachtung ist eine
Ausnahmesituation und gibt dem Tier, das in unserer Gesellschaft
normalerweise „anonym“ geschlachtet wird, eine besondere Position.
Auch die Verwendung von liturgischem Gerät im Kontext mit
geöffneten Tierleibern soll diesen eigentlich „erschütternden“
Inhalt, den wir oft gar nicht mehr in seiner ganzen Dimension
wahrnehmen, vermitteln. („Lamm Gottes, das du hinweg
nimmst die Schuld der Welt“) |
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Diese letztendlich doch sehr
intensive Begegnung mit dem Werk von Hermann Nitsch endet sehr
nachdenklich und still. |
nach
oben - zum vorherigen Bericht |
Text:
df &
Fotos:
gm) |
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11.
Juni 2010
Zeitgenössische Kunst und ihr Konfliktpotenzial
Günther Oberhollenzer (Museumskurator Sammlung Essl)
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Günther
Oberhollenzer ist gebürtiger Südtiroler und studierte in Innsbruck
Geschichte und Kunstgeschichte. Seit 4 Jahren ist er im Essl Museum
als Kurator und Ausstellungsorganisator tätig. Er verfasste zahlreiche
Artikel zu Fragen der Gegenwartskunst und Katalog- und Buchbeiträge.
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Günther Oberhollenzer gliederte seinen
lebhaften und spannenden Vortrag in drei größere Bereiche: |
Zuerst versuchte
er den Begriff „Kunst“ zu definieren und kam dabei zu der für ihn
stimmigen Aussage, dass Kunst nicht definierbar sei, da jede
Definition zwangsläufig zu einer Einschränkung führe. Trotzdem ist
jeder Kunstschaffende bestimmten gesetzlich vorgegebenen
Rahmenbedingungen unterworfen, die durch die menschlichen Grundrechte
vorgegeben sind. Dabei kann es leicht zu einem „Konflikt“ zwischen dem
Recht der freien Meinungsäußerung, dem Recht der freien
Religionsausübung und dem Recht auf Schutz vor öffentlichem Ärgernis
kommen, wobei eine Abwägung und Grenzziehung oft sehr subjektiv
geschieht, weil es dafür oft keine allgemeingültigen Kriterien gebe. Oberhollenzer gab zu bedenken, dass man sehr wohl zwischen „Freiheit
der Kunst“ und kritischer Auseinandersetzung mit Kunst unterscheiden
müsse und dass vor allem zeitgenössische Kunst immer ein
„Minderheitenprogramm“ darstellt(e), also keinen Mehrheitsanspruch
stellen könne. Künstler provozieren manchmal, um auf Missstände in
Politik und Gesellschaft hinzuweisen, durch Übertreibungen machen sie
Probleme offenbar und für alle sichtbar, was letztendlich zu einer
Änderung führen kann. Oberhollenzer warnte vor einer zu starken
Einmischung von Politik und Kirche in das Kunstgeschehen, da sonst
leicht eine Instrumentalisierung geschehen könne. |
Das
Verhältnis zwischen Religion und Kunst ist für Oberhollenzer ein ganz
wichtiger Träger der Kunstentwicklung, war doch speziell die
katholische Kirche über Jahrhunderte einer der größten Auftraggeber
für Künstler und hat so zur Weiterentwicklung von Kunst und
Gesellschaft wesentlich beigetragen. Er bedauerte, dass in den letzten
Jahrzehnten dieses enge Verhältnis nicht mehr gegeben ist, merkte aber
an, dass man keinem Künstler verbieten könne, sich mit religiösen
Fragen auseinander zu setzen. Als positives Beispiel nannte er die
Galerie nächst St. Stephan unter Msgn. Otto Mauer, der sehr wohl im
Stande war, eine Brücke zwischen Religion und zeitgenössischer Kunst
auch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zu schlagen. Die Werke von
Hermann Nitsch sind in diesem Zusammenhang vielseitig interpretierbar:
für manche agiere er rein blasphemisch, andere lasse er gleichgültig
und wieder anderen eröffne er einen Zugang zu den Mysterien der
christlichen Religion. Es falle hier schwer zu entscheiden, wer recht
habe bzw. „im Recht sei“, niemand könne aber Hermann Nitsch
absprechen, sich intensiv mit religiösen Fragen auseinandergesetzt zu
haben. |
Im
letzten Teil seines Vortrages kam Günther Oberhollenzer auf vergangene
Skandale und Konflikte speziell von Kunstschaffenden mit kirchlichen
Instanzen zu sprechen, die heute vielfach nicht mehr nachvollziehbar
seien. Beginnend mit Michelangelos „Jüngstem Gericht“, das nach der
Entstehung beinahe der Zensur zum Opfer gefallen war und nach der
letzten Restaurierung von Papst Johannes Paul II. als Meisterwerk
christlicher Kunst angesprochen wurde über Dürers „Selbstbildnis als
Jesus Christus“, das auch heute noch blasphemisch wirken kann, und
Caspar David Friedrichs „Kreuz im Gebirge“ als Meilenstein der
Veränderung des Kanons christlichen Kunstschaffens ein weiter Bogen
bis Max Weiler, Arnulf Rainer und Hermann Nitsch gespannt. Auch andere skandalerregende Kunstwerke wie Monets „Impression“ oder Gustav Klimts
„Universitätsbilder“ wurden genannt und gezeigt. |
In der
anschließenden lebhaften Diskussion konnten noch weitere Fragen
geklärt werden. Mit Oberhollenzers Feststellung, dass man versuchen
müsse, den Betrachtern zeitgenössischer Kunst die Scheu und falsche
Vorstellungen zu nehmen und vor allem in ein echtes Gespräch zu
kommen, schloss dieser spannende Abend. |
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nach
oben - zum vorherigen Bericht |
(Text:
df &
Fotos:
gm) |
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12. Juni 2010
Auferstehung
Jesu Christi
-Mythos oder
Geschichte?
Pfarrer Dr. Klaus Heine (evangelischer
Theologe)
&
Pfarrer Lic. Richard Posch (katholischer Theologe)
An diesem sehr heißen Juniabend war der
Karner bis auf den letzten Platz besetzt.
Doris Frass begrüßte die
beiden Mödlinger Pfarrer, den "katholischen" Richard Posch, und den
"evangelischen" Pfarrer i. R. Klaus Heine. Gehören sie streng genommen
unterschiedlichen Kirchen an, so gestalteten sie diesen Abend "mit einer
Zunge" im gemeinsamen Vortrag.
Dieser ist der spirituelle Höhepunkt dieser Ausstellung AUFERSTEHUNG
-Dionysos oder Christus ?
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Ein
religionswissenschaftlicher Blick auf das Opferwesen als
Überlebensmittel seit der frühen Menschheit und die Mythen über
sterbende und wieder auferstehende Götter im Vorderen Orient zeigte,
dass Strukturähnlichkeiten zu christlichen Glaubensaussagen nur
scheinbar sind. Im Mythos geht es um menschliche Grunderfahrungen, die
in Form von Götter- und Menschensagen erzählt
werden. Mit Hilfe dieser Mythen versucht sich der Mensch in das
Stirb-und-werde! der Natur einzufügen und das Leben in einer
kreisförmig verstandenen Geschichte zu bewältigen.
Das jüdisch-christliche Gottes-
und Weltverständnis unterscheidet sich davon fundamental. Gott
begegnet dem Menschen in der Geschichte, die einen von Gott gesetzten
Anfang hat und auch ein von ihm gesetztes Ende haben wird. Er ist der
Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Er ist der Gott, der sich Moses
bedient, um sein Volk aus der Sklaverei in Ägypten zu befreien und
einen Bund mit ihm zu schließen.
Von
einer Auferstehung der Toten ist zu der Zeit zwar noch nicht die Rede.
Und der Kampf der Propheten im Land der Verheißung, das Israel nach
der Wüstenwanderung zuteil geworden ist, gegen die fremden Götter und
ihre Fruchtbarkeitskulte wogt heftig. Aber aus der Bundestreue heraus
wächst die Überzeugung, dass die Angehörigen des Bundesvolkes nicht im
Tode bleiben werden. Jesus bringt diese Überzeugung in seinem
Streitgespräch mit Leugnern der Totenauferstehung klassisch zum
Ausdruck: Ihr habt gehört, dass Gott, der Gott Abrahams, Isaaks und
Jakobs ist. Ist er nun ein Gott der Lebenden oder der Toten? |
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Auch die Auferstehung Jesu Christi ist
kein mythisches Symbol für das Weiterleben seiner Botschaft, seiner
“Sache” oder der Bedeutsamkeit des Kreuzes, sondern ein
geschichtliches Ereignis, mit dem Gott sich zu dem Weg Jesu bekennt
und ihm für ewig Recht gibt. Die Erscheinungen vor seinen Anhängern
sind geschichtliche Begebenheiten. Es gibt aber
einen wesentlichen Grund, weshalb ein Historiker dies Ereignis, das
das ganze Zeugnis des Neuen Testaments bestimmt, mit den Mitteln
seiner Wissenschaft nicht identifizieren kann. Die Auferstehung
Christi ist nicht die Wiederbelebung eines Leichnams, der ins alte
Todesleben zurückkehrt. Sie ist der Einbruch der neuen Welt Gottes in
diese alte. Christus ist der erste von allen, die in der Endzeit zu
einem ähnlichen Leben in der Herrschaft Gottes erweckt werden.
Insofern sind alle Bilder und Begriffe, mit denen wir das Wunder aller
Wunder erzählen, unzulänglich. Sie bleiben ja alle der Todeswelt
verhaftet.
Dennoch
vermag das Zeugnis von diesem Ereignis durch das Wirken des Heiligen
Geistes die Gewissheit vom neuen Leben des Gekreuzigten zu vermitteln
und die große Hoffnung des Lebens zu entzünden.
Die aus der griechischen Welt eingedrungene Lehre von der
Unsterblichkeit der Seele soll zwar die Identität des Menschen bei der
endzeitlichen Auferweckung festhalten. Sie ist aber nicht biblisch und
steht in Gefahr, die Realität des Sterbens und des Todes zu
verschleiern. Bei den Aussagen über die Auferstehung geraten wir
schnell an die Grenzen dessen, was wir seriös über das neue Leben
sagen können. Wesentlich ist die unverbrüchliche Gewissheit, dass
Gott, an den ich glaube, der um unsertwillen Mensch geworden ist, sich
dem Tod ausgesetzt hat und in seine Herrlichkeit zurückgekehrt ist,
mich auch im Tod, wenn ich mich selbst verliere, nicht fallen lässt,
sondern zu seinem ewigen Leben beruft.
Das hat Folgen für die vielen kleinen Schwestern der großen Hoffnung
hier in diesem begrenzten irdischen Leben. |
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An den Vortrag schloss
sich eine lebhafte Diskussion an, die zeigte, dass auch die
individuelle Mythologie eines Hermann Nitsch in seinem Orgien
Mysterien Theater eine heilsame Provokation darstellen kann, die uns
nötigt, unseren christlichen Auferstehungsglauben neu zu formulieren
und sich seiner zu vergewissern. |
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nach
oben - zum vorherigen Bericht |
(Text:
kh, Fotos:
fs) |
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13. Juni 2010
Die Entwicklung und bildliche
Darstellung des christlichen
Auferstehungsgedanken
Mag. Doris Frass
Doris
Frass-Heckermann
geboren 1961 in Mödling, 1980 bis 1985 Studium der Malerei und
Restaurierung an der Akademie der Bildenden Künste, Wien bei
Professoren Mikl und Kortan. |
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Prälat
Sammer war leider krankheitsbedingt kurzfristig verhindert, so
übernahm Doris Frass den Vortrag im Karner.
Jesu Auferstehung und damit verbunden die Auferstehung
aller Gläubigen von den Toten ist wohl der wichtigste Glaubensinhalt
unserer Religion. Trotzdem ist die bildliche Darstellung der
Auferstehung Jesu im Vergleich zu Kreuzigungsdarstellungen oder
anderen Bildern aus seinem Leben zu Beginn des Christentums überhaupt
nicht und auch später rein zahlenmäßig nur eher schwach vertreten. Das
gibt natürlich zu denken. |
Die
Anfangszeit war sicher geprägt von der Vorstellung der Wiederkunft
Jesu und der Endzeit in absehbarer Zeit, ja noch zu Lebzeiten der
Apostel. Später verlagerte sich diese Vorstellung auf einen
unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft und die Vorstellung der
Auferstehung von den Toten musste neu überdacht werden. |
In den ersten
Jahrhunderten gab es überhaupt wenige bildliche Darstellungen Jesu, da
nach wie vor das Bilderverbot aus der jüdischen Religion wirksam war.
Erst durch die Ausbreitung des Glaubens im römischen Reich wurden auch
antike heidnische Darstellungsformen übernommen und christlich
interpretiert. (Persphone/Proserpina-Mythos als
Symbol für Werden und Vergehen der Natur, aber auch Tod und
Auferstehung – Sarkophag für Karl den Großen). Das Kreuz als Symbol
für Christi Tod und Auferstehung war damals noch unbekannt, aus den
römischen Katakomben ist das Fischsymbol als Abkürzung für Christi
Namen und Titel allgemein geläufig. Auch Szenen aus dem Alten
Testament wurden gern in Anspielung auf Tod und Auferstehung
gebraucht. (Prophet Jona war 3 Tage im Bauch des Walfisches, ehe er
ausgespieen wurde - Sarkophag.
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Erst die
Konstantinische Wende im 4. Jhdt. brachte auch in der christlichen
Kunst eine Neuerung. Nun wurde das Christus-Monogramm allgemein
gebräuchlich und auf Sarkophagen in Verbindung mit Lorbeerkränzen und
der aufgehenden Sonne auch als Auferstehungs- und Siegeszeichen
verwendet. Weitere symbolische Motive sind der Pfau (dessen Fleisch
als unverweslich galt), das Lamm mit dem Kreuzesstab, das sich bis ins
Mittelalter als starkes Symbol für Christi Opfertod und Auferstehung
gehalten hat, sowie der mythische Vogel Phönix. |
Früheste
szenische Darstellungen der Auferstehung Christi sind im 9.Jhdt in der
oströmischen Kirche nachweisbar, dabei werden aber auch nur die Szenen
der Berichte über die Ereignisse des Ostermorgens gezeigt, - die drei
Frauen am leeren Grab. |
Interessant ist die vor
allem in der ostkirchlichen Kunst bis heute erhaltene Darstellung der
Anastasis durch Christi Eintritt in die Vorhölle. 359 wurde vom Syrer
Markus von Arethusa der Abstieg Christi „zu den Unterirdischen“ (ad
inferos) formuliert und als Glaubensartikel aufgenommen. Gemeint ist
damit ursprünglich der damals verbreitete Glaube (übernommen aus
jüdischer und griechischer Tradition), dass sich alle Toten im
Totenreich (Scheol) als Schatten befinden. Christus ist also vor
seiner Auferstehung wirklich gestorben und im Totenreich gewesen (kein
Scheintod), hat die ehernen Tore zerbrochen und beginnend mit Adam
alle vorchristlichen Gläubigen vom Tod erlöst. Erst im Mittelalter
wird dieses Totenreich als Hölle, also Ort ewiger Verdammnis
interpretiert. Die spätere Höllenfahrt-Interpretation spielte auf die
„Höllenqualen Jesu am Kreuz“ an, die er für uns erlitten hat. (Luther,
Calvin). |
Ab
dem 8. Jhdt. setzte sich die Interpretation der Anastasis
/Auferstehung als Triumphfahrt Jesu beginnend im Totenreich und die
Erlösung aller durch. Bereits im 11. Jhdt. ist diese ursprünglich
ostkirchliche Darstellung auch in der weströmischen Buchmalerei zu
finden.
Etwa seit dem 11. Jhdt setzt sich in Westeuropa auch die Darstellung
Christi als Triumphator durch. Jesus in der Mandorla wird eine gängige
Darstellung des Auferstandenen und Weltenrichters, die eigentliche
Auferstehung wird kaum gezeigt. |
Mit Beginn der Kreuzzüge
nach dem Aufruf Papst Urbans II. 1095 und der Eroberung Jerusalems
1099 stand nun die Darstellung der Auferstehung als Befreiung vom Tod
im Mittelpunkt. Christus entsteigt mit der Kreuzesfahne (Kreuzritter!)
dem Sarkophag, ähnlich wie die Grabeskirche nun wieder befreit von
arabischer Dominanz ist und unter der Kreuzesfahne steht. |
Interessant
ist, dass die unterschiedlichen Darstellungen entweder einen
geöffneten Sarkophagdeckel oder aber auch den verschlossenen,
versiegelten Deckel zeigen, Jesus also sämtliche irdischen Schranken
überwunden hat und seine neue Leiblichkeit nicht ident mit seinem
früheren menschlichen Körper ist. Diese Art der Darstellung wirkt bis
ins 15. Jhdt nach und wird parallel zur Schriftillustration der Frauen
am leeren Grab weitergeführt. Die Darstellung des Sarkophags erinnert
auch an einen Altar und damit wird die Auferstehung „ins Sakramentale“
erhoben und in die Nähe der Eucharistie gestellt.
Während in der ital. Frührenaissance um eine
realistische Darstellung der Auferstehung und damit Verwandlung des
Auferstandenen gekämpft wird (z.B. Darstellung eines über dem
Sarkophag schwebenden Christus), wird nördlich der Alpen die
Verbindung des Schmerzensmannes (Opfertod und Eucharistie) mit der
Auferstehung gezeigt, dass eben dieser geschundene Körper aufersteht.
Erst Dürer bringt um 1500 die
italienische Vorstellungswelt nach Deutschland und ermöglicht so das
berühmte Auferstehungsbild des Matthias Grünewald von 1512, übrigens
nur ein Jahr, bevor die Unsterblichkeit der Seele zum Dogma erhoben
wird. Grünewald versucht durch Farbeffekte den Auferstandenen als
„Lichtgestalt“ zu zeigen, ähnlich der „Verklärung“.
Im Naturalismus der Donauschule ist Christus
nicht als Lichtgestalt aber hinterleuchtet von der aufgehenden Sonne
dargestellt. |
Interessant
erscheint übrigens, dass bei Darstellungen aus der Reformationszeit
der Kreuzigung und der Auferstehung beinahe gleich viel Platz
zugemessen wird. Auffällig ist, dass über mehrere Jahrhunderte
parallel mehrere Auferstehungstypen existieren. Einerseits die
hervorgehobene „leibhaftige Auferstehung“, andererseits die
metaphysische Verwandlung des Auferstandenen. Das zieht sich in
künstlerisch immer schwächer werdender Form bis in den Beginn des 20.
Jhdts hin, wobei manchmal auch eher gespenstisch anmutende
Interpretationen ins Spiel kommen (spiritistische Tendenzen ab der 2.
Hälfte des 19. Jhdts).
Zu einer echten Neuinterpretation der
Auferstehungsvorstellung kommt es in der Zwischenkriegszeit, als der
auferstandene Christus „in die Gegenwart“ geholt wird. |
Nach
1945 entfaltet sich eine wahre Auffächerung der
Auferstehungsinterpretation, die nicht nur mit der Darstellungsform,
sondern vermehrt auch mit dem gewählten Material und den überlieferten
Bildtraditionen spielt und wieder häufig ohne eigentliche Darstellung
des Auferstandenen auskommt, womit sich der Kreis zu den ersten
bildlichen Darstellungen schließt. |
nach
oben - zum vorherigen Bericht |
(Text:
df &
Fotos:
js) |
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17. Juni 2010
Gebet für eine Welt, Auferstehung:
Die Macht der Erlösung
Das "Gebet für Eine Welt" findet im Rahmen von "Quatember" statt. Das
ist die Gemeinschaft von Quatembergebet und Quatembersammlung zu
Gunsten unserer laufenden Projekte in Nigeria, Mexico und
das
Concordia-Projekt (Straßenkinder) von Pater Sporschill.
Wir leben gemeinsam auf einer Erde, einer Welt,
in der alle Menschen ihre Heimat haben. Wir möchten dieses
Miteinander, diese "Eine Welt" bewusst leben.
Die Quatembertage bilden im Kirchenjahr gleichsam den
Einstieg in die vier Jahres-zeiten. Ihre
Grundanliegen sind Beten, Fasten und Teilen.
Wir wollen heute fasten, indem wir ein Stück
unserer Zeit hergeben - es Gott schenken, indem wir miteinander beten
und singen und so unser Herz und unseren Blick weit machen für die,
die auf unser Teilen warten. |
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Lied:
Ich bin bei Euch jeden Tag (Nicht durch Zufall steh ich hier) |
Fragen:
Was bedeutet die Auferstehung Jesu für mein Leben?
Was bedeutet es für mich erlöst zu sein?
Wie kann ich aus diesem Erlöst-sein Kraft für mein Leben schöpfen? |
Lesung
aus dem Mathäusevangelium:
Der Auftrag des Auferstandenen, Mt. 28,
16
Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen
genannt hatte.
Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder. Einige aber hatten
Zweifel.
Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht
gegeben im Himmel und auf der Erde.
Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern;
tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen
Geistes,
und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid
gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt. |
Sinnfrage: Woher komme ich – wohin gehe ich
„Woher
komme ich“ – „wohin gehe ich“ ist die Urfrage aller Menschen auf der
ganzen Welt, auch wenn vielleicht noch nicht viele darüber lange
nachdenken, es gibt Momente im Leben, wo jede jeder sich diese Frage
stellt, spätestens am Ende des Lebens. Das Vertrauen, dass alles ein
Gutes Ende findet mag naiv klingen, aber es ist die Ursehnsucht der
Menschen, dass alles Sinn hat.
Die Hoffnung, ja die Gewissheit der Auferstehung ist ein unglaubliches
Kraft- und Energiepotenzial.
Der Glaube, das Vertrauen auf Auferstehung, auf ein Leben, ein Dasein
nach dem irdischen Tod, hilft das Leben intensiver zu leben. Das Leben
nach dem Tod ist eine Möglichkeit weiterzuleben, weiter Da zu sein, in
einer anderen Form zu existieren. Das ist unabhängig von der
Religionszugehörigkeit so. |
Einladung
den Begriff Erlösung auf sich wirken zu lassen: Was bedeutet
für mich persönlich „Erlösung“ |
Die
Erlösung eröffnet uns noch eine tiefere (andere) Dimension… Das
Wissen, die Hoffnung, dass Gottes Gnade und Erbarmen so groß sind,
dass wir allein aus Liebe gut weiterleben dürfen – das ist die wahre
Befreiung. Es ist nicht ein Ausschalten des schlechten Gewissens –
egal was ich tue – es passiert mir nichts – das Gewissen ist
letztendlich ein Urteil, das jeder selbst ermessen kann. |
Erlösung lässt eine große Dankbarkeit entstehen. Eine befreite,
lebensbejahende, liebevolle Dankbarkeit – die große Energie
bringt. Diese Lebensenergie ist sehr machtvoll – mit dieser
Lebensenergie ist es sprichwörtlich möglich, Berge zu versetzen – mit
dieser Lebensenergie kann ich Gutes tun und Gutes auch annehmen.
Symbole: Caritasarbeit: Hausbesuch, Krankenhausbesuch, Besuch im
Pflegeheim, Krankenkommunion, Unterstützung generell. |
Als
erlöster Mensch lebe ich lustvoller, kann das Leben als Geschenk
Gottes genießen, mich an der Schöpfung erfreuen und mich als Teil
dieser Schöpfung erleben. Ich bin bei euch, alle Tage, bis ans Ende
der Welt!! Halleluja. |
Lied:
Nicht durch Zufall steh ich hier |
Fürbitten |
Vater Unser |
Segen |
nach
oben - zum vorherigen Bericht |
(Vorbereitung des
Gebets & Texte:
ac - Fotos:
gm) |
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18. Juni 2010
Künstlergespräch mit
Prof. Hermann Nitsch
die ausgestellten Werke von Hermann Nitsch:
Nitsch Kritik
gab es seit einigen Wochen sowohl in brieflicher Form
(meist anonym in den Beschwerdebriefkasten der Pfarre) aber auch
persönlich und detailliert mit Negativ-Beispielen aus seinen
Werken.
Wie Pfarrer Klaus Heine an diesem Abend
stellvertretend für den Verein Kunst-im-Karner nochmals betonte,
"ist dies nicht die erste kontroversielle Ausstellung von
Kunst-im-Karner und wird auch nicht die letzte sein. Ganz bewusst
sollen die Künstler und Werke die spirituelle Diskussion anregen und
zur Vertiefung des Glaubens der interessierten Besucher dienen.
Heine erinnerte an die Ausstellung mit Kreuzesdarstellungen von
Adolf Frohner im Juni 2006, die in der Darstellung von christlichen
Symbolen hier im Karner eigentlich viel direkter waren als die nun
ausgestellten Werke von Nitsch.
Siehe dazu auch die Antwort von Doris Frass auf die Frage
"Warum
Hermann Nitsch im Karner"
Hermann Nitsch selbst sagte wörtlich auf die
Frage aus dem Publikum, ob er das eine oder andere Werk nicht bereue
publik gemacht zu haben und heute noch dazu stehe: "Wenn eines
meiner Werke oder Text jemanden in seinen religiösen Gefühlen
verletzt haben sollte, dann tut mir dies sehr leid und war auch
nicht meine Absicht. Dies stellt für mich aber keinen Grund dar
mich von einem meiner
Werke zu distanzieren."
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Hermann Nitsch
Leben, Werk und Ausstellungen hier...
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Doris
Frass vom Team Kunst-im-Karner hatte für das Künstlergespräch Fragen
vorbereitet. Hermann Nitsch antwortete spontan, eloquent und oft mit
Witz. Hier der Versuch die Antworten von Hermann Nitsch in Kurzform
"sinngemäß" wiederzugeben. |
Herr Prof. Nitsch, Sie wurden hier zu
einer Veranstaltung eingeladen, die eindeutig einen starken Bezug zur
katholischen Kirche, aber auch zur Ökumene hat. Hat Sie das bestärkt
zuzusagen oder eher abgeschreckt?
Kein Problem, wenn der
richtige Ansatz und die Ernsthaftigkeit gegeben ist. |
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Es gibt leider sehr
wenige authentische Stellungnahmen zu diesem Zyklus,
- was beinhaltet der Zyklus, wie viele Zyklen gibt es?
Nitsch: Mindestens zwei, jeder hat um die 30 Bilder. |
Gibt es einen Auslöser
für die Entstehung?
Nitsch: Im Anschluß und Zusammenhang mit dem 6-Tage-Spiel war die Zeit
reif für ein „Alterswerk“ in bunten Farben. |
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Die Farbpalette wird
vorher genau von Ihnen festgelegt, auch die Konsistenz der Farben. Sie
scheinen „Reine, ungemischte Farben“ zu bevorzugen, - welche Pigmente
und Bindemitteln verwenden Sie?
Nitsch: Meist reine Farben, beim Auferstehungsbild Kadmiumgelb hell
und dunkel, Öl als Bindemittel. |
Sind Ihre
Auferstehungszyklen mit ihrem zumindest für Christen starken
Christus-Bezug reiner Ausdruck von diesseitiger Lebensbejahung oder
ist hier auch ein metaphysischer Auferstehungsprozess eingeschlossen?
Nitsch glaubt an ein Weiterleben z.B. von Mozart in seinen Werken und
die „Gegenwart“ bei einer authentischen Aufführung. |
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Wie sieht es für Sie
persönlich nun mit dem Thema „Auferstehung“ aus, je näher Sie dem auch
für Sie unausweichlichen Lebensende kommen? Finden Sie, dass Christen
einen Vorteil aus ihrem Auferstehungsglauben haben?
Nitsch: Da müssen gläubige Christen gefragt werden. |
Ihre Zukunftssorgen
klingen ganz real und „normal“:
Was passiert mit meinem künstlerischen Erbe, wird es adäquat verwaltet
und nicht verunglimpft werden, wird es weitere Oratorien-Aufführungen
in meinem Sinn geben, wie gut werden sich meine Bilder erhalten, usw.
?
Vom „ewigen Werden, Vergehen und Neuschaffen“ kann ich hier nichts
entdecken. Greift angesichts der Realität und Banalität des Todes der
Dionysos-.Mythos nicht doch zu kurz?
Nitsch hängt keiner bestimmten Religion an, kann in verschiedenen
Glaubenswahrheiten für sich stimmige Vorstellungen sehen. |
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Was fehlt Ihnen an der
rein christlichen Auferstehungslehre, wo erscheint sie Ihnen
unvollständig bzw. nicht Ihren Vorstellungen entsprechend?
Nitsch: Es wird zu sehr der jenseitige Aspekt betont. |
Sie scheinen als
„typisch österreichischer barockerTaufscheinkatholik“ stark verwurzelt
in der vorkonziliaren Liturgie und Messfeier, die Sie als Kind
kennengelernt haben und wovon Sie stark beeindruckt waren. Haben Sie
bewusst auch nachkonziliaren Messfeiern beigewohnt und die
Unterschiede zu früher realisiert?
Nitsch: Ja, es gibt immer noch ein starkes Erlebnis dabei. |
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Viele Katholiken
erkennen in Ihren Arbeiten die starke Mystik der “alten Liturgie“
wieder und empfinden so das „Geheimnis des Glaubens“ wieder stärker
betont.
Ist Ihnen das im Zusammenhang mit Ihrer Arbeit wichtig oder bewusst
oder liegt das Ihrer Meinung nach allein im Auge des Betrachters?
Nitsch: Es freut ihn, wenn es so ist. |
Vor allem von
Künstlerkollegen hört man immer wieder eher abschätzige Kommentare
über Ihre Auseinandersetzung mit „religiösen Themen“. Der Vorwurf der
auf diese Weise leicht und sicher zu erzielenden Medien-Präsenz, aber
auch das Zurückgreifen auf bereits altbewährte und publikumswirksame
Rituale bzw. Versatzstücke wird dabei als „clevere
Marketing-Strategie“ aufgefasst.
Wie gehen Sie mit Angriffen „aus den eigenen Reihen“ um, ist das für
Sie tiefsitzender als polemisierende Angriffe in auflagenstarken
Tageszeitungen?
Nitsch: Man muss unterscheiden, vor welchem Publikum wer was sagt. |
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Warum haben Sie nie den
für Sie leichteren Weg der Distanzierung von der „Eroberung
Jerusalems“ genommen, statt immer wieder erfolglose Erklärungsversuche
zu machen und sich über die Teilveröffentlichungen zu ärgern?
Wie wichtig erscheint Ihnen rückblickend dieser Text, der ja nie zur
Veröffentlichung, Verwirklichung oder tatsächlichen Umsetzung
geschrieben wurde?
Hat es Ihnen geholfen Grenzen zu überschreiten oder zu erkennen?
Nitsch erachtet das Werk immer noch als wichtig in seiner Arbeit und
wehrt sich gegen haltlose Angriffe auf aus dem Zusammenhang gerissene
Textfragmente. |
Wie stehen Sie zum
Ausdruck von Prof. Wieland Schmied der „unbeabsichtigten Blasphemie“,
den er unter dem Titel „Blasphemie oder Theodizee?“ geprägt hat?
Nitsch wollte nie blasphemisch oder verletzend auf andere wirken. |
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Nach dem Gespräch mit
Doris Frass und den vorbereiteten Fragen diskutierte Hermann Nitsch
geduldig mit vielen Fragestellern aus dem zahlreichen Publikum. Der
Abend dauerte wesentlich länger als vorgesehen und nahm allen
Anwesenden in der Diskussion über AUFERSTEHUNG, Dionysos und
Christus die Angst vor "Hermann Nitsch" und seinem kolportierten
Standpunkt zu Glauben und Religion. |
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Am Ende gab es von
allen Besuchern im Karner langen Applaus für
(
Hermann Nitsch bei Kunst-im-Karner. |
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nach
oben - zum vorherigen Bericht |
(Text:
df &
gm Fotos:
js&
gm) |
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19. Juni 2010
Prof. Hermann Nitsch improvisiert an
der Walcker-Orgel
in St. Othmar
DIE RÜCKKEHR DER MAGIE DER ATMENDEN KLÄNGE
Begonnen hat
alles damit, dass ich 2007 den Bruckner-Fan Hermann Nitsch eingeladen
habe, im Stift Sankt Florian gemeinsam mit dem European Philharmonic
Orchestra ein Bruckner-Konzert zu bestreiten, weil es zwischen dem
Orgien-Mysterien-Theater und der Musik Bruckners verblüffende und kaum
bekannte Gemeinsamkeiten gibt. Große Kunst existiert nicht im
luftleeren Raum der Beliebigkeit, sondern hat die Funktion, uns an
unsere spirituellen Wurzeln zu erinnern.
Niemand vermag dies deutlicher zum Ausdruck zu bringen als Bruckner
und Hermann Nitsch, der eine neue und zugleich archaisch elementare
Klangwelt für sein Orgien-Mysterien-Theater erschaffen hat. Dieses
Ereignis hat uns beide nachhaltig darin bestärkt, über weitere
Projekte nachzudenken.
Ich sehe in der Musik von Hermann Nitsch durchaus
einen archaischen wie auch zukunftsträchtigen Antipoden zum
zeitgenössischen Musikschaffen, das geradezu panische Angst zu haben
scheint vor Größe, Pathos, Inbrunst, Leidenschaft und Sinnlichkeit und
deshalb lieber in einem kopflastigen, unverbindlichen l´art pour
l´art-Geplänkel das Heil sucht. Aber schon Richard Wagner -
Gesamtkünstler wie Hermann Nitsch -, sowie auch Anton Bruckner (beiden
musikalischen Giganten ist Nitsch in besonderer Weise verpflichtet)
wie später auch Olivier Messiaen haben dieser den gegenwärtigen
Kulturbetrieb prägenden Art, Musik mehr oder weniger als
Glasperlenspiel zu betreiben, eine klare Absage erteilt. Musik muss
auch im 21. Jhdt. erschüttern und bewegen.
Das wirklich Neue an der Musik von Hermann Nitsch
ist, Klänge als lebendige Wesenheiten zu verstehen, zu respektieren
und zu behandeln - im Gegensatz zu unserer westlichen Umgangsart mit
Tönen, wo Töne nichts weiter sind als willfährige Puzzlesteine für
Tonleitern, Skalen oder serielle Reihen.
So sperren wir Töne wie Tiger in die Käfige unserer
Systeme. Aber Töne und Klänge sind wesentlich mehr als das. Lang
gehaltene Töne beginnen zu atmen, sie haben ein Eigenleben, sie sind
Schwingungsqualitäten, die einen klar umrissenen Zeitraum ausfüllen
und bestimmte Bewusstseinszustände hervorzurufen vermögen. Das ist der
wahre Schlüssel zum Verständnis der Musik von Hermann Nitsch. Aber
nicht nur der seinigen. Schon die alten Mayas bezeichneten mit „Tönen“
ganz bestimmte Schwingungsqualitäten, die sich im Universum als
Zeitqualitäten entfalten, um auf Mensch, Umwelt und den ganzen Kosmos
transformatorisch einzuwirken. Und genau deshalb ist die Musik von
Hermann Nitsch kein Glasperlenspiel. In ihr vollzieht sich vielmehr
die vielversprechende Wiederkehr der Magie der atmenden Klänge. Unsere
kranke Umwelt wie auch unsere zerrüttete Gesellschaft braucht dies wie
nie zuvor.
Peter Jan Marthé
(Jahrgang 1949) war zu Beginn der Achtziger Jahre Schüler von
Celibidache und ist heute Chefdirigent des European Philharmonic
Orchestra und Organisator von zahlreichen Klassik Großveranstaltungen.
(Klangdom Leutasch, Liebherr- Werk Bischofshoven., Bruckner-Tage St.
Florian....) |
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Hermann
Nitsch ließ den Kirchenraum von St. Othmar mehr als eine Stunde mit
den Klängen seiner 4-sätzigen Orgelimprovisation erbeben.
Beginnend mit dem tiefsten Ton der Orgel baute er ein Tongebilde auf,
das Platz für eigene Empfindungen und Eindrücke ließ, aber auch
fühlbar die Kirche und die Körper der Zuhörenden „erfüllte“. Durch
Clusterakkorde aber auch einzelne unendlich lang gezogene erscheinende
Töne konnte man plötzlich den Reichtum der Obertöne oder den Klang von
Kirchenglocken vernehmen. Wenn alle Tasten der Orgel und alle Register
gemeinsam erklangen, war der „Lärm“ an den Grenzen des Erträglichen
und kam wie eine alles erdrückende Walze daher, dann ergaben sich
wieder zyklische Bewegungen und Abläufe, die zum „Mitdenken und
–fühlen“ einluden.
Orgel einmal anders, nicht oberflächlich „erbaulich und schön“, eher
archaisch und gewaltig, aber durchaus zu meditativen Gedanken
anregend. |
Andrea Schubert vom Team Kunst-im-Karner beschreibt
ihren persönlichen Eindruck:
Ich hatte das Glück, Prof. Hermann Nitschs Improvisationen an der
Walcker – Orgel von St. Othmar nicht nur zu hören, sondern auch zu
sehen. Links und rechts unterstützt von seinen beiden Assistenten, saß
er an der Orgel und begann langsam einige Register zu ziehen. Diese
Töne hallten ungefähr fünf Minuten durch den Kirchenraum, dann spielte
er nach und nach andere Töne dazu, die Musik wurde mächtiger und
mächtiger, die Schallwellen pflanzten sich über den Boden in die
Kirchenbänke fort, sodass buchstäblich sein musikalisches Werk mit
mehreren Sinnen spürbar und erfassbar wurde. |
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Es war ein
Orgelspiel der anderen Art! Zur Steigerung der Intensität verwendete
Nitsch Holzbretter, die seine Assistenten auf seine Aufforderung
nacheinander auf die Manuale legten und dann mit beiden Händen
niederdrückten, sodass alle Tasten gleichzeitig gespielt wurden. Zu so
einem Zeitpunkt waren sechs Hände mit dem Spielen auf der Orgel
beschäftigt. |
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Zwischen
dem dritten und dem vierten Satz machte Prof. Nitsch eine längere
Pause, das Publikum applaudierte heftig, was ihn ein bisschen
verärgerte, weil er doch keinen Zwischenapplaus wollte. Im Finale ließ
er noch einmal die Orgel aufbrausen, zog alle Register und ließ keine
Orgelpfeife mit ihrem Ton aus. |
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Der Schlussapplaus und
die begeisterten Besucher, die beim Orgelaufgang auf ihn warteten,
zeigten, dass dieser Abend sehr bereichernd und interessant war.
Nach diesem fulminanten Konzert stärkte sich das Team
von Kunst-im-Karner gemeinsam mit Hermann Nitsch und seinen
Assistenten beim Heurigen Seper-Pferschy. |
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nach
oben - zum vorherigen Bericht |
(Text:
df &
as Fotos:
as) |
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20. Juni 2010
Hermann Nitsch und die Idee des Gesamtkunst-werks,
Mag. Carl Aigner (Direktor des NÖ Landesmuseums)
Doris Frass & Carl Aigner
Carl Aigner
wurde 1954 in Oberösterreich geboren, studierte Geschichte,
Germanistik, Kunstgeschichte und Publizistik in Salzburg und Paris.
Seit 1989 unterrichtet er an verschiedenen österreichi-schen
Universitäten, unter anderem an der Universität für Angewandte Kunst
in Wien.
1991 gründete er "EIKON", eine internationale Kunst-zeitschrift für
Photographie und neue Medien.
Zwischen 1997 und 2003 war er als Direktor der Kunsthalle Krems tätig,
von 2000 bis 2001 als Projektleiter der Abteilung Kulturwissenschaften
an der Donauuniversität Krems.
Seit 2001 ist Carl Aigner Direktor des Niederöster-reichischen
Landesmuseums in St. Pölten.
Seit 2005 ist er Präsident des österreichischen Zentrums von ICOM
(International Council of Museums) und Präsidiums-mitglied von IMA, der
Interessensgemeinschaft Österreichischer Museen und
Ausstellungshäuser. Aigner lebt in Krems und Wien.
(Quelle: Wiener Zeitung)
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Pfarrer i.R. Klaus Heine & Doris Frass |
Doris Frass begrüsst Carl Aigner |
Carl
Aigner holte weit aus und sprach zuerst über Gesellschaftsordnungen
und Fragen des Zusammenlebens von Individuen, die bestimmte
Veränderungen in der Entwicklung zulassen müssen oder aber von streng
rituellen, zyklischen Abläufen geprägt sind. Letztere Gesellschaften
neigen zur Ausbildung von Mythen und langsameren Entwicklungen,
während erstere eher rational und schnelllebig ausgerichtet sind. Seit
der Aufklärung hat sich unsere westliche Gesellschaft immer rasanter
Richtung Individualisierung und damit Aufsplitterung bewegt:
technische Erfindungen beschleunigten das mechanistisch gesehene
Leben, „Multitasking“ wurde das Schlagwort der Jahrtausendwende,
Mehrfachjobs gehören zum Alltag einer steigenden Anzahl von uns. Damit
verbunden ist eine totale Entfremdung zu den Eckpunkten unserer
menschlichen Existenz. Geburt, Leben und Tod wurden an den Rand
gedrängt und „sinnliche“ Erfahrungen oft nicht mehr wahrgenommen.
Aus
dieser sinnentleerten konsumorientierten Haltung, die bereits mit
Beginn der 60er Jahre auch in Österreich begann, setzte sich Hermann
Nitsch intensiv auseinander und kam schon sehr früh auf ein
gesamtkünstlerisches Konzept, um auf die vielen offenen Fragen eine
Antwort zu finden und die „Zerstückelung“ der menschlichen Existenz
wieder zu einem Ganzen zusammenzuführen durch gleichzeitige bzw.
streng geordnete Sinneseindrücke aller künstlerischer Sparten. Aigner
ortet diesen Ansatz bereits im barocken Hochamt der katholischen
Kirche, das Nitsch sehr beeindruckt hat, und das gemeinsam mit den
Ideen von Friedrich Nietsche und Richard Wagner und vielen anderen
Eindrücken Nitsch zum Orgien-Mysterien-Theater drängte. Mit fesselnden
Beispielen konnte Aigner in der Folge die persönliche Betroffenheit
und tiefe (allgemein zu verstehende) Religiosität des Künstlers
beschreiben, die ihn von Beginn weg in eine Außenseiterrolle auch bei
seinen Künstlerkollegen brachte. Auch der zutiefst
gesellschaftspolitische Ansatz zur richtigen Wahrnehmung unserer
Lebensmittel und speziell des vom eigentlichen Lebewesen völlig
getrennten, paketierten Fleischs im Supermarkt ist Nitsch ein echtes
Anliegen und erreicht fast missionarischen Eifer. Trotzdem wird er
wegen der von vielen mißverstandenen Schlachtungen oft als Tierquäler
bezeichnet.
Die
Zusammenführung des „zerstückelten Menschen“ durch extreme
Sinneseindrücke und das Sichtbarmachen von Leben und Tod anhand der
Schlachtung eines Stiers sind die Eckpfeiler seiner nicht als Theater
mißzuverstehenden „Spiele“, in die der „Besucher“ als Teil einbezogen
wird und so teilnimmt an einem realen Geschehen. Die Gesamtheit der
Sinneseindrücke und der versammelten Teilnehmer macht das
Gesamtkunstwerk des OMTheaters aus und es bleibt daher problematisch,
den Stellenwert der herausgerissenen Aktionsrelikte zu bestimmen, die
sich immer größerer Beliebtheit erfreuen.
Mit Eloquenz und zahlreichen Beispielen und Querverbindungen zeichnete
Aigner ein unglaublich lebendiges Bild eines arbeitswütigen und bis
ins Alter wissbegierigen Hermann Nitsch, der nichts anderes will, als
die Spiritualität, die jedem Menschen innewohnt, wieder zu finden und
durch seine Kunst zu befreien. Die nachfolgende rege Diskussion bezog
sich auf die Gefahren dieser Weltsicht und die Grenzziehung zur
Banalität. |
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nach
oben - zum vorherigen Bericht |
(Text:
df
, Fotos:
gm) |
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