Kunst im Karner - 3.-20. Juni 2010
AUFERSTEHUNG
- Dionysos oder Christus ?

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Auferstehung Jesu Christi – Mythos oder Geschichte ?

Texte zum Vortrag von Pfarrer Dr. Klaus Heine 
und Pfarrer Lic. Richard Posch
INHALT (Quicklinks):

Die Auferstehung Jesu - Mythos oder Geschichte?

Dionysos (lat.Bacchus, Liber)
Biblische Zeugnisse zur Auferstehung

Auferstehung

Die Auferstehung der Toten

Pfarrer Richard Posch und Pfarrer i.R. Klaus Heine © Kunst im Karner

Klaus Heine

Pfarrer Richard Posch und Pfarrer i.R. Klaus Heine © Kunst im Karner

 

Pfarrer i.R. Klaus Heine © Kunst im Karner

 

Pfarrer i.R. Klaus Heine © Kunst im Karner

 

 

 

 

Die Auferstehung Jesu Christi - Mythos oder Geschichte?

Im apostolischen Glaubensbekenntnis, das jeden Sonntag im Gottesdienst gebetet wird, heißt es im zweiten Artikel von Jesus Christus “am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel....” und “von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.” Im dritten Artikel vom Heiligen Geist wird die “Auferstehung der Toten und das ewige Leben” bekannt.

Hier seien aber auch die entsprechenden Passagen aus dem anderen altkirchlichen Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel zitiert, das seltener im Gottesdienst gelesen wird, uns aber auch mit den orthodoxen Kirchen ökumenisch verbindet: Jesus Christus “ist am dritten Tage auferstanden nach der Schrift und aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten des Vaters und wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten; seiner Herrschaft wird kein Ende sein.” Und im dritten Artikel des ebenfalls trinitarischen Bekenntnisses steht: “Wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt.”

Die Ausführungen heute Abend sollen der Auslegung unseres christlichen Bekenntnisses zur Auferstehung dienen. Auch wenn sie angesichts der Bilder von Hermann Nitsch erfolgen, wird die Auseinandersetzung mit der Weltanschauung seines Orgien-Mysterien-Theaters nicht explizit, sondern allenfalls implizit stattfinden.

Vielleicht sind manche erstaunt über die Alternative: Mythos oder Geschichte. Werden nicht gerade im Mythos von Göttern und Menschen Geschichten erzählt? Das ist richtig. Aber sie beschreiben Grunderfahrungen des Menschen, das was sich immer wieder typisch ereignet. Sie sind eine bestimmte Art des Daseinsverständnisses und der Daseinsbewältigung in einer grundsätzlich kreisförmigen Geschichtsbewegung, die von der Wiederkehr des Gleichen bestimmt ist. Nach unserer Vorstellung dagegen hat die Weltgeschichte einen Anfang und ein Ende. Sie nimmt die wiederkehrenden kreisförmigen Bewegungen wie etwa den Wechsel der Jahreszeiten in sich auf, ist aber dadurch nicht entscheidend bestimmt. Geschichtliche Ereignisse stehen zwar in Korrelation untereinander, sind aber einmalig und nicht wiederholbar. Auch wenn die Mythen der alten Zeit ihre Deutekraft keineswegs verloren haben, leben wir doch in einem anderen durch weltlich-naturwissenschaftliches Denken geprägten Zeitalter.

Die zitierten trinitarisch verfassten Glaubensbekenntnisse erzählen zwar im jeweils zweiten Artikel auch in Kurzform die Geschichte eines Gottmenschen. Aber schon der Name Jesus mit dem Titel “Christus”=“Messias” weist dieser Erzählung mit dem Volk Israel einen geschichtlichen Ort im Allgemeinen und mit der Wendung “gelitten unter Pontius Pilatus” im Besonderen zu. Die christliche Botschaft, diese These möchte ich hier schon formulieren, ist also nicht eine der großen mythischen Dichtungen, die ohne konkreten historischen Anhalt Auskunft über die menschliche Verfasstheit angesichts der Fragen des Schicksals geben, sondern hat ihren bestimmten Ort der Gottesoffenbarung in der Geschichte, deren Wahrheit in der Erzähl-und Mahlgemeinschaft der Kirche weitergegeben wird. Sie bedient sich dabei zwar oft der religiösen Vorstellungen der verschiedenen Epochen, um ihre einzigartige Botschaft den Menschen nahe zu bringen. Das kann aber nur dann zu Missverständnissen führen, wenn die Bild-und Sprachformen nicht immer wieder kritisch auf die gemeinte Aussage hin befragt und geprüft werden.
Bevor wir die biblische Tradition zu Wort kommen lassen, sei noch ein religionswissenschaftlicher Blick erlaubt auf Opfervorstellungen und Berichte von sterbenden und wieder auferstehenden Göttern.

Die Marburger Religionswissenschaftlerin Adelheid Hermann-Pfandt zitiert in einem jüngst erschienenen Artikel zum Opferwesen den Bericht eines Tibetologen, der 1951 in Darjeeling im indischen Himalaya ein Opfer für die hinduistische Göttin Durga selbst miterlebt hatte:
“Der Höhepunkt der Zeremonie war gekommen. Die Zuschauer standen regungslos, sogar das Lärmen der Kinder war verstummt. Der Priester ergriff einen riesigen Kukri (Krummschwert). Er murmelte ein Gebet und reichte die Waffe dem Schlächter. Die Helfer zwangen den Büffel auf die Knie. Sie warfen ihm ein schwarzes Tuch über den Kopf und schoben den Hackblock unter seinen Hals. Der Schlächter hob das Opferschwert, visierte nochmals unter atemloser Spannung den Nacken des Büffels an. Ein Aufblitzen der Klinge und ein gellender Schrei der Zuschauer: der glatt abgetrennte Kopf des Tieres flog im Bogen durch die Luft und klatschte wenige Schritte vor mir auf den Boden. Das Blut schoss in starken Strahlen aus den durchtrennten Schlagadern und überschüttete Schlächter, Priester und die zurückspringenden Zuschauer. Die Helfer packten den Kadaver an den Hufen, und unter jubelndem Geschrei schleppten sie ihn um den Opferpfahl. Die Opferung war erfolgreich beendet, die große Göttin musste zufrieden sein.”
Jeden Herbst findet diese Opferung zum Fest der Göttin Durga statt. Im Mythos tötet Durga den Büffeldämon, der die Welt bedroht. Im Ritual des Opfers wird der Büffel geköpft, um es der Göttin gleichzutun.

In fast jeder Religion gab es Tier-und auch Menschenopfer. Mit den Opferritualen bringt man der Gottheit etwas dar, weil man etwas für das Leben Notwendige empfangen möchte: eine gute Ernte, Nachkommen, Rettung aus Gefahren und Krankheiten. Menschenopfer wurden gebracht, wenn es um absolut Überlebenswichtiges ging. Die amerikanische Naturwissenschaftlerin Barbara Ehrenreich sieht den Grund für die weltweite Verbreitung des Menschenopfers und den Glauben an seine Wirksamkeit in elementaren Erfahrungen der frühen Menschheit. Die Angst, von Raubtieren gejagt und gefressen zu werden, ist ein menschliches Urtrauma. Wurde eine Menschengruppe von Raubtieren angegriffen, bestand die Rettung oft genug darin, dass einer zuerst erwischt oder ausgeliefert wurde. Sein Tod rettete den anderen das Leben. Betrachtet man die vielen raubtiergestaltigen oder über Raubtiere herrschenden Gottheiten in den verschiedenen Kulturen, wurde offensichtlich die Macht der Raubtiere über Leben und Tod als göttlich erfahren. Hermann-Pfandt: “Nach Ehrenreich ist ein Tier-oder Menschenopfer als rituelle Reinszenierung eines Raubtierangriffs zu deuten, bei dem sich der opfernde Mensch aus der Opferrolle befreit, indem er sich mit dem tötenden Raubtier identifiziert. Damit stehe das Blutritual symbolisch für den ´Übergang des Menschen vom Beutetier zum beutemachenden Raubtier´.”
Angst ist die Triebfeder für das Blutopfer. Um sich vor dem eigenen Untergang zu retten, bringt ein Einzelner oder eine Gruppe der verschlingenden Gottheit ein ausgewähltes Opfer dar. Noch einmal Hermann-Pfandt wörtlich:
“Während die das Menschenopfer auslösende Emotion vor allem Angst ist, werden während der Durchführung blutiger Opfer rauschhafte Zustände erfahren. Wenn ein Opferpriester im Auftrag der um ihr Leben bangenden Gruppe die Waffe gegen einen Mitmenschen erhebt, verkörpert er für das Opfer die verschlingende Gottheit. Indem er sich die göttliche Entscheidung über Leben und Tod anmaßt, wendet er in einem ´angstlösenden Machtrausch´ (Barbara Ehrenreich) den Tod von sich und der gesamten opfernden Gemeinschaft ab. Die Selbstvergottung des opfernden Menschen kulminiert im Augenblick der Opfertötung. Er wird, wie vielen Quellen zu entnehmen ist, als ein Moment großer emotionaler Intensität, als Ekstase und Machtrausch, erfahren, der sich auf die ganze opfernde Gemeinde ausbreitet. In dem geschilderten indischen Büffelopfer bricht sich diese Intensität Bahn, als die gesamte Opfergemeinde im Augenblick der Büffeltötung laut aufschreit.”

Der Augenblick der Opfertötung ist von besonderem Gewicht. Walter Burkert sieht in der Opfertötung das “Grunderlebnis des Heiligen”, in ihr ist das Mysterium tremendum, der unheimliche Aspekt des Heiligen enthalten, wie ihn Rudolf Otto beschrieben hat.

In der modernen egalitären säkularen Gesellschaft scheinen Tieropfer oder gar Menschenopfer obsolet, erwecken Abscheu, werden strafrechtlich verfolgt. Ob damit das Opferwesen wirklich zu Ende ist, wage ich zu bezweifeln. Hermann-Pfandt teilt diese Skepsis, wenn sie meint: “Solange es den Glauben aber noch gibt, dass manche Menschen weniger wert sind als andere, wird auch das Menschenopfer nicht aussterben, sondern in mehr oder weniger bemäntelten Formen weiterleben.”
Gehört etwa die Deutung des Todes Jesu als Sühnopfer, die zur Zeit heftig diskutiert wird, auch zu dieser Opferwelt?

Gehen wir vom Opferkult als Überlebensmittel zur prinzipiellen Überwindung des Todes, wie sie uns in der Religionsgeschichte begegnet. Altorientalische und ägyptische Texte legen es nahe einen Typus des sterbenden und auferstehenden Gottes anzunehmen. Sein Sterben als Gang in die Unterwelt symbolisiert das Sterben der Vegetation, seine Rückkehr auf die Welt als Beweis seiner Unsterblichkeit wird mit der sich erneuernden Fruchtbarkeit auf der Erde in Verbindung gebracht. Eine ganze Reihe von Göttern des vorderen Orients lassen sich mit ähnlichen Mythen in den Zusammenhang mit der sich jährlich erneuernden Vegetation bringen: Adonis, Attis, Baal (gegen ihn kämpfen besonders die alttestamentlichen Propheten), Marduk, Dumuzi/Tammuz, Dionysos, Osiris.
Es gibt die Theorie, dass die Berichte über das Sterben und Auferstehen dieser Götter den Stoff für ein periodisch gefeiertes Kultdrama lieferten. Damit sollten innerhalb einer zyklischen Wirklichkeitsvorstellung Erneuerung und Bestand der Welt garantiert werden, die von der Vegetation abhängig sind. Der Nachweis eines solchen Grundmusters ist allerdings schwierig (vor allem wegen der Lückenhaftigkeit der Texte). Interessant ist, dass der Glaube an den von den Göttern berichteten Sieg über den Tod allgemein keine Folgen für die Vorstellungen vom Geschick der sterblichen Menschen nach dem Tod hatte. Das ist anders bei Osiris, mit dem der ägyptische Mensch seine persönliche Fortexistenz nach dem Tod verband. Aber auch in der iranischen Religion begegnet der Glaube an die Auferstehung der Toten.

Ich greife noch einmal den Mythos von Dionysos auf, insbesondere deshalb, weil das “Dionysische” in der Philosophie Friedrich Nietzsches und auch in der Weltanschauung von Hermann Nitsch eine große Rolle spielt.

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Klaus Heine

Pfarrer i.R. Klaus Heine © Kunst im Karner

Dionysos (lat.Bacchus, Liber)

Aus Hermann Jens, Mythologisches Lexikon:
Gott der Triebkraft der Natur, besonders aber des Weines. Als Symbol hatte er den Granatapfel, Weinrebe, Weinlaub und den Thyrsosstab (ein Stab, mit Efeublättern bekränzt). Sein Vater war Zeus und seine Mutter Persephone. Zeus hatte ihn zum König bestimmt, aber die Titanen, von Hera angestiftet, überfielen, zerrissen und verzehrten ihn. Pallas Athene rettete sein noch zuckendes Herz, das Zeus verschlang und den Sohn zum zweiten Mal erzeugte. Zeus rächte den Tod seines Sohnes und schmetterte die Titanen mit seinen Blitzen nieder, aus deren Asche Menschen entstanden. Bei den Festen des Dionysos, die überall in ausgelassenster Weise gefeiert wurden, wirkten die Bacchanten, Mainaden und Thyiaden mit. Sie schwärmten mit Fackeln, Thyrsosstäben und Handpauken unter Lärm und Tanz. Seine Gemahlin war Ariadne. S.Theseus.
Eine ältere Auffassung spricht von einer anderen Mutter des Dionysos:
Semele, Tochter des Kadmos und der Harmonia in Theben, Geliebte des Zeus. Hera in Gestalt ihrer Amme überredete Semele, Zeus zu bitten, er möge in der Gestalt zu ihr kommen, wie er zu Hera käme. Zeus sagte zu, da er Semele einen Wunsch gewährt hatte, und kam unter Donner und Blitz. Von der Glut verzehrt, gebar sie sterbend ein Kind, den Dionysos, welchen Zeus in seiner Hüfte barg und dort bis zur Reife behielt.

Aus Walter Kranz, Geschichte der griechischen Literatur S.136 f.:
(534 v.Chr. Erstes öffentliches Spiel auf dem Dionysosfestplatz Athens)
Es ist ein Frühlingsspiel zu Ehren des Gottes Dionysos, genannt die großen Dionysien.....In der Feier des Hochfrühlings braust das südliche Lied der wiedererblühten Natur. Hingegeben an den berauschenden Gott, der einst, wie der Mythos sagt, aus der Fremde, vom Norden her oder auch über das Meer daherfahrend, in Hellas eingezogen ist, Widerspenstige selbst mit grausamer Gewalt in seine Dienste zwingend, und der auch immer wieder leibhaftig erscheint- ihm hingegeben, geraten seine Diener in “Ekstase”, d.h.sie “treten aus sich heraus“, werfen die Bürde ihres Ich für eine Zeit ab, werden des Gottes tierische Gesellen, Tragoi, d.h. Böcke, Satyrn, Silene, verschiedene Gestaltung leidenschaftlicher Tierheit. In der Musik, im Lied strömt ihre Seele aus. Die Maske, die sie tragen, ist das äußere Kennzeichen ihrer Verwandlung ins Dämonische. Solche zum Teil sehr grotesken Spielformen hat es bei Völkern verschiedenster Art gegeben, gewiss auch in Griechenland mancherorts sein mancher Zeit. Dem attischen Spiel aber hat Thespis künstlerische Form, bleibende Gestalt aufgeprägt. Tragoidia, Gesang der Böcke, blieb sein Name. Des Aulos Klänge waren es, die die Menschen bis in jene Ekstase hineintrieben- “du Tyrann meiner Seele”nennt ihn noch ein Sophokleischer Chor (Trach.217)-, Klänge, die zum Gesang des echten” Dithyrambos“, des Kultliedes für Dionysos, begeisterten, der nach Aristoteles (Dichtk.c.4) die Quelle des Dramas wurde.

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Richard Posch

Pfarrer Richard Posch und Pfarrer i.R. Klaus Heine © Kunst im Karner

 

Pfarrer Richard Posch © Kunst im Karner

 

Pfarrer Richard Posch © Kunst im Karner

 

Pfarrer Richard Posch © Kunst im Karner

 

Biblische Zeugnisse zur Auferstehung

„ Von denen, die im Land des Staubes schlafen, werden viele erwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zur Schmach, zum ewigen Abscheu. Die Verständigen werden strahlen, wie der Himmel strahlt; und die Männer, die viele zum rechten Tun geführt haben, werden immer und ewig wie die Sterne leuchten“ Dan 12, 2f

Dieser Text gilt als der einzig unbestrittene Auferstehungstext des hebräischen Alten Testaments. Unter dem Eindruck der Religionsverfolgung der Makkabäerzeit bekennt der Text, dessen Endredaktion zwischen 168 und 164 v. Chr. anzusetzen ist, eine Auferstehung, de jedoch nicht alle, sondern nur das auserwählte Volk betrifft. Ob von diesem Gute und Böse auferstehen oder nur die Guten allein, die Märtyrer vor allem, lässt sich nicht entscheiden. Der Ort, von dem die Auferstehenden kommen, ist das Land des Staubes, die sheòl, die mit dem Grab zusammenfließt. Dem biblischen Verständnis von Mensch und Tod entsprechend, ist die Auferstehung nicht als Wiedervereinigung von Leib und Seele vorgestellt, sondern als Wiederbelebung des „Schattens“: Da mit dem Tod die Einheit des Menschen nicht gebrochen wird, der Tote vielmehr auch in der Unterwelt in einer gewissermaßen „verdünnten“ Leiblichkeit „lebt“, kehrt er mit dem Erstarken des Lebens auch wieder in volle Leiblichkeit zurück. Ort des Auferstehungslebens ist die erneuerte irdische Welt.

Diese Vorstellung, wie sie in Dan 12 formuliert wird, muss in Israel eine Vorgeschichte gehabt haben. Hier ist Jesaja 26 zu nennen, wo die Auferstehung ähnlich vie in Dan als „Erwachen“ geschildert wird.

„Deine Toten werden Leben, die Leichen stehen wieder auf; wer in der Erde liegt, wird erwachen und jubeln. Denn er Tau, den du sendest, ist ein Tau des Lichts; die Erde gibt die Toten heraus“. Jes 26,19

Dieser Text aus der um 300v. Chr. entstandenen Jesaja-Apokalypse spricht von einer Auferstehung und dem Erstarken des Volkes. Es geht um ein neues Leben auf dieser Erde für das auserwählte Volk.

Die Überzeugung, dass Jesus von den Toten auferstanden ist, durchzieht das ganze NT. Sie wird in verschiedenen Texten ausgesprochen: (1) „den er von den Toten auferweckte“ in (1 Thess 1,10) und alten Glaubensformeln wie „dass Jesus starb und auferstand“ (1 Thess 4,14); (2) in Bezugnahmen darauf bei Unterweisungen über die Heilsbedeutung des Todes Jesu (2 Kor 5,14f), die Taufe (Röm 4,24f), die christliche Zukunftshoffnung (1 kor 15, 12ff) und die Kirche (Eph 1,20ff); (3) in den jüngeren Grabes- und Erscheinungsgeschichten sowie zu Beginn und in den Predigten der Apostelgeschichte (1, 3-11; 2, 14-26), (4) in den Aussagen, die die Auferstehung voraussetzen, etwa im „Komm Herr Jesus“ Offb. 22,20, in alten Hymnen (Phil 2, 6-11) und in den Visionen der Offenbarung.
Die für die Auferstehung verwendeten Verba sind mehrdeutig; es muss häufig auf den Kontext geachtet werden: es gibt das Auferwecken oder Aufwachen eines Schlafenden, es gibt das Aufstehen eines Kranken oder für tot gehaltenen; es gibt die übertragene Bedeutung: die Errettung eines Menschen aus dem Tod als Rückkehr in das Leben, die erhoffte Auferstehung der Toten wird mitunter als Wiederaufnahme des irdischen Lebens vorgestellt. Es gibt die Bedeutung von der Errettung des Sünders aufgrund seiner Bekehrung und die schon in der Taufe erhoffte Errettung aus dem Tod. Von den angeführten Bedeutungen ist jene in den Aussagen über die Auferstehung Jesu zu unterscheiden: die endgültige Errettung aus dem Tod, nicht also die Rückkehr eines Toten in das Leben dieser Welt. Dabei wird Jesu Tod nicht medizinisch oder biologisch, sondern theologisch als Trennung von Jahwe, dem Quell des Lebens, in der vom Grab nicht exakt unterschiedenen sheòl gewertet. Auferstehung ist mehr als die Wiederbelebung eines Leichnams (in der Bibel wird sie auch nie als Wiedervereinigung der Seele Jesu mit seinem Leichnam aufgefasst). Das dem Leben dieser Welt entlehnte Wort „auferstehen“ dient demnach als Metapher, um ein in unserer gängigen Wirklichkeit unvorstellbares Geschehen auszusprechen. Diese metaphorische Redensweise mindert nicht die Realität dessen, was nur auf solche Weise ausgesagt werden kann; sie ist also kein bloßes Interpretament. Dem biblischen Verständnis von Auferstehung entspricht, dass in der Bibel jegliche Schilderung des Geschehens fehlt und sich die Auferstehung dadurch von den Mythen radikal unterscheidet.

Dasselbe Geschehen wird im Neuen Testament auch noch mit anderen Worten ausgesprochen: „lebendig gemacht“ oder „lebendig geworden“, „erhöht“, „heraufführen aus den Toten“, „in seine Herrlichkeit eingehen“, „verherrlicht“, „zum Vater weggehen“ oder „aufsteigen“. Im Unterschied zu den beiden von einander abweichenden Schilderungen der Himmelfahrt, werden Auferstehung und Erhöhung dabei als Einheit betrachtet; im Johannesevangelium umfasst „Verherrlichung“ das gesamte Geschehen von Jesu Kreuzestod, Auferstehung und Erhöhung. Die aus der Gesamtschau der neutestamentlichen Texte semantisch erschlossene Bedeutung von Auferstehung liegt schon den traditionsgeschichtlich frühesten Beziehungen zugrunde. Dies zeigen die beiden literarisch ältesten Belege: „den er (Gott) von den Toten auferweckte, Jesus…“ und „dass Jesus starb und auferstand“. Beide Formulierungen hat Paulus bereits vorgefunden und als gleichbedeutend erachtet. Dies spricht gegen neure Vermutungen, am Anfang der Osterverkündigung habe bloß eine Aussage über Gott auf der Linie jüdischer Gottesprädikate (z.B. „Gott, der die Toten lebendig macht“) zur Beglaubigung der Gottesverkündigung gestanden; diese sei erst später (schon vor Paulus!) zu einer christologischen Botschaft umgeprägt worden: Jesus wurde auferweckt bzw. ist auferstanden Die Formulierung "er stand auf", sagt in der aus den apokalyptischen Texten über die Auferstehung der Toten bekannten Sprache schlicht aus: Der gekreuzigte Jesus ist nicht mehr bei den Toten, sondern lebt. In diesem Sinne ist auch die Verbform  „er ist auferstanden“ zu übersetzen. Dabei ist noch jüdischer Auffassung als selbstverständlich vorausgesetzt, dass dies durch Gottes Macht geschah.

Aus dem Kontext beider Formulierungen in 1 Thess geht hervor, dass dem aus dem Bereich des Todes auferweckten Jesus eine besondere Funktion bei der erwarteten Parusie und bei der Vermittlung des endgültigen Lebens zukommt. In diesem Zusammenhang ist auch der dieser Ruf einzuordnen. Die Rede von der Auferstehung ist also in den ältesten Texten des Neuen Testamentes niemals bloß Ausdruck für die Heilsbedeutsamkeit des Kreuzes.
Die in 1 Kor 15 zu findende zentrale Zusammenstellung zentraler Glaubensthemen lässt eine frühe Reflexion über die Osterbotschaft erkennen. Hier gibt die wohl auf Paulus zurückgehende Verbform „ist auferstanden“ zu erkennen, dass die Auferstehung einen neuen Status bewirkt. Die Angabe „am dritten Tag“ kann sich an Hos 6,2 anlehnen und bloß formelhaft umschreiben; eine solche theologische Deutung schließt aber nicht jede chronologische Aussage aus: Kurz nach der Kreuzigung. Die parallel zum Vordersatz stehende Wendung „gemäß den Schriften“ versucht, das unglaubliche Geschehen( die Rettung eines Gekreuzigten, eines von Gott anscheinend Verfluchten) durch den Hinweis auf die Schriften des Alten Testaments, wohl besonders auf Jes 53,10ff., vielleicht auch auf Hos 6,2, als glaubwürdig auszuweisen. Die Jünger haben die Osterbotschaft von Anfang an im Blick auf das Alte Testament verstanden und formuliert. So zeigt der Verweis auf Ps 2,7, das die Auferstehung als Inthronisation zum Sohn Gottes (im Sinne eines Amtstitels) und zum Messias und Herrn gewertet wurde. Dem entspricht, dass in der alten Glaubensformel die Akklamation parallel zu „Gott hat ihn auferweckt“ steht. Der ähnlich zitierte Psalm 110,1 deutet an, dass die österliche Inthronisation zur Rechten Gottes hingeordnet ist auf die noch ausstehende Vollendung der Gottesherrschaft. Nach Apostelgeschichte wurde in griechisch sprechenden Gemeinden später unter Verweis auf Ps 15,8-11 die Auferstehung als befreiende Geburt (die Wehen des Todes lösend) aus der Unterwelt und als Bewahrung vor der Verwesung gedeutet.

Zur Begründung und Verteidigung der von Anfang an offensichtlich angefochtenen Auferstehung werden die Erscheinungen des Auferstandenen vor vielen Zeugen angeführt. Die Zeitform „Erschien“ ist häufig in alttestamentlichen Theophanie- und Angelophanieberichten, aber auch in prophetischen Visionen belegt. Es besagt: Der Auferstandene hat sich selbst zu erkennen gegeben, ohne dass dies näher beschrieben wird. Wie „erschien“ näher zu verstehen ist, erhellt sich aus den anderen Angaben des Paulus: „gesehen“, „offenbaren“, „Erkenntnis“ und innere Erleuchtung. Die unterschiedlichen Formulierungen zeigen, dass sich die österliche Begegnung mit dem Auferstandenen, bzw. die Paulus geschenkte „Erkenntnis“ vom Erkennen einer irdischen Gestalt unterscheidet und sich nur annähernd mittels bekannter Vorstellungen aussprechen lässt. Aus heutiger Sicht mögen diese Erfahrungen als subjektive Erlebnisse, vielleicht nach Art von Visionen oder Erleuchtungen, mitbedingt durch psychologisch erhebbare Faktoren beurteilt werden. Dies spricht jedoch nicht gegen ihre Echtheit. Die ältesten Belege dürfen nicht unkritisch im Licht der späteren Schilderungen in den Osterevangelien interpretiert werden. (Aufschlussreich ist dafür ein Vergleich der Angaben des Paulus mit den unterschiedlichen fiktionalen Schilderungen seiner Bekehrung, bzw. Berufung). Die vorliegenden Evangelien sind nämlich Erzählungen, die alte Überlieferungen im Blick auf ihre Leser und unter Verwendung bekannter Vorstellungsmuster aus dem Alten Testament in Form von „Geschichten um Geschichte“ deutend darstellen, um zum Glauben hinzuführen bzw. darin zu bestärken. So weist die Emmausperikope den Weg, wie die Leser durch Schriftauslegung und Brotbrechen zum Glauben an den Auferstandenen gelangen können. Die Apostel werden gegen den Vorwurf verteidigt, nur einen Geist gesehen zu haben.

Die Grabesgeschichten weichen in vielem voneinander ab, widersprechen einander, wenn sie als protokollarische Berichte gewertet werden. Wer ihre literarische Eigenart und apologetische Zielsetzung beachtet, kann aus ihnen zwar nicht den Hergang der Ereignisse rekonstruieren, erhält aber zwei wesentliche Hinweise: Die urkirchliche Predigt „er ist auferstanden“ ist keine Erfindung von Menschen, sondern Wort Gottes; der Gekreuzigte lebt, und zwar mit seinem Leib, d.h. als dieselbe individuelle ansprechbare Person, die starb und begraben wurde. Dies ist aus der Sicht der Evangelien der Kern der alten Osterbotschaft, den die Grabesgeschichten authentisch veranschaulichen. Hinsichtlich der seit der Aufklärung vieldiskutierten frage „ War das Grab Jesu wirklich leer?“ ist zu bedenken : Das leere Grab dient in der Bibel niemals als strikter Beweis für die Auferstehung, sondern als „Zeichen“; außerdem ist es vom heutigen Verstehenshorizont keine unabdingbare Voraussetzung für die Auferstehung, den der Leib des Auferstandenen ist nicht identisch mit dem biochemischen Substrat des irdischen Leibes. Das Leersein des Grabes selbst ist zu unterscheiden von einer Nachricht in Jerusalem und von den Erzählungen und den Entdeckungen durch Frauen am Ostermorgen.

Bibeltheologisch ist die von den Jüngern bezeugte und dem Alten Testament sowie der Verkündigung Jesu entsprechende Auferstehung der Höhepunkt der Offenbarung Gottes, die bei der Parusie ihre Vollendung finden wird. Inhalt der Osterbotschaft ist Gottes Handeln an Jesus Christus entsprechend seiner Macht, Tote lebendig zu machen, und damit die machvolle Bestätigung der von Jesus angekündigten Herrschaft Gottes. Für Jesus selbst ist die Auferstehung die Ermöglichung neuen endgültigen Lebens, seine wahre Geburt, seine Inthronisation als Messias und Kyrios, der als „lebensspendender Geist“ anderen an seiner Existenzweise Anteil geben kann. Dank seiner Auferstehung nimmt Jesus in einzigartiger Weise an Gottes Macht teil, was in der Anrufung als Kyrios und Retter ebenso zum Ausdruck kommt wie im Niederfallen aller vor ihm. Für die Christen bedeutet Jesu Auferstehung die Möglichkeit von der Sünde befreit und damit aus der Macht des ewigen Todes befreit zu werden: durch die Fürsprache des Auferstandenen im Gericht und die schöpferische Umgestaltung gemäß seinem Herrlichkeitsleib. Indem der Auferstandene den an ihn Glaubenden schon jetzt Anteil an seinem Leben schenkt, werden sie „Volk Gottes“, so dass die Kirche sich Israels Selbstbezeichnungen im Alten Testament zu eigen machen kann. Dank der geistgewirkten Verbindung mit dem Auferstandenen kann die Kirche sein „Leib“ heißen, womit zugleich die eucharistische Teilhabe der Getauften an dem gekreuzigten und auferstandenen Leib des Herrn, der Herrenspeise, angedeutet wird.

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Richard Posch

Pfarrer Richard Posch © Kunst im Karner

 

Pfarrer Richard Posch © Kunst im Karner

 

Pfarrer Richard Posch © Kunst im Karner

Auferstehung

Auerstehung gründet sowohl in der fragenden Transzendenz des menschlichen Wesens auf eine absolute Zukunft hin, als vor allem und im eigentlichen Sinn in der heilsgeschichtlich erfahrenden und im prophetischen Wort als für alle Zukunft zugesagten Treue Gottes zu seiner Schöpfung.
Erfahrung und Zusage dieser Treue finden ihre Zuspitzung in der Auferstehung Jesu, die von vornherein in einer universalen Perspektive steht, insofern sie nicht ein nur ihn betreffendes und damit einmaliges und abgeschlossenen Ereignis ist, sondern in einer auf die Zukunft der Welt hin sich öffnenden Perspektive steht.
In der Auferstehung der Toten kommt der mit der Schöpfung gesetzte Anfang wie auch der Prozess der Heilsgeschichte zu ihrer inneren Vollendung durch Gott. Insofern aber die Vollendung nicht nur punktuelles Ende und Ziel besagt, sondern auch die Dynamik des Weges dorthin einbegreift, ist die Auferstehung der Toten eine Kurzformel für das Handeln Gottes, der von Anfang an die Toten lebendig macht und das was nicht ist, ins Dasein ruft. Bei Paulus wird das in der Taufe und Glauben geschenkte neue Leben, im johanneischen Schrifttum die Verwirklichung von Glaube und Nächstenliebe als Auferstehungsleben thematisiert.

Gegen gnostische und andere dualistische Herausforderungen galt es, die Vollendung des Leiblichen und Materiellen zu betonen, dies geschah in der Weise der Addition: nicht nur das geistige sondern auch das Materielle ist zur Vollendung in Gott berufen. Diese Konzeption geriet in Gefahr, die Einheit des Vollendungsgeschehens in eine individuelle Seelenunsterblichkeit und eine kollektive Hinzufügung des Leibes wie der Welt aufzuspalten. Die ursprüngliche Auferstehung des Fleisches will zum Ausdruck bringen, dass die Lebensverheißungen Gottes der ganzen, in sich und mit der übrigen Schöpfung vernetzten, Menschheit gelten. Solche Vollendung kann erst am Ende der Geschichte sein, wenn alle und alles in das Leben Gottes einbezogen sind. Da aber gemäß den Schriften bereits nach dem Tod dem Menschen ein Sein bei Christus und ein „ewiges Haus im Himmel“ bereitet ist, ja da aufgrund der Polarität menschlichen Wesens eine doppelpolige Vollendung geradezu erwartbar ist, griff man bereits in sehr früher Zeit zum Begriffsinstrumentarium einer unvergänglichen, bereits unmittelbar nach dem Tod seligen, Seele. Diese Konzeption garantiert darüber hinaus die Identität und Kontinuität zwischen Menschsein auf Erden und im künftigen Auferstehungsstand. Ist diese postmortale Seele als „anima separata“ zu denken, die nur noch auf die Steigerung ihrer Seligkeit durch die auferweckte Leiblichkeit wartet, oder ist sie bereits Seligkeit des konkret leibhaftigen individuellen Lebens? Letzteres würde bedeuten, dass sich so etwas wie Auferstehung nicht erst am Ende der Tage, sondern bereits im Tod ereignet, oder besser: dass Auferstehung ein Prozess ist, der anhebend in der Taufe, sich radikalisierend im Tod, seine Universalität und damit Vollendung am Ende der Geschichte findet.

Die These von einer Auferstehung im Tod nahm im 20. Jhdt. ihren ersten Anfang bei R. Guardini, der gegenüber dem aporetischen Gedanken einer leiblosen Seele erwog, ob der Leib nicht „in der Seele“ sei, insofern diese ihn als Stoff und Frucht ihres geschichtlichen Daseins enthalte. Viele Vertreter dieser These gehen von einer Anthropologie aus, nachdem der eine und ganze Mensch Seele ist, insofern er vor Gott steht, über alle endlichen Bedingungen wesenhaft hinausragt und seine Vollendung nur im Schöpfer findet. Und der eine und ganze Mensch ist Leib, insofern er seine ihn als Menschen konstituierende Relation zu Gott nicht in je individueller Innerlichkeit und Direktheit vollzieht, sondern im Ausdruck seines Leibes, der ihn mit den übrigen Menschen handelnd und erleidend verbindet. Das hat zur Folge: Der Mensch kann aufgrund seines Leib-Seins nur So vor Gott stehen (Seele sein), dass er seine Beziehung zu Gott verleiblicht und verweltlicht, d.h. sich im Mit-sein und Für-sein mit und für andere verwirklicht. Die Vollendung des Menschen ist niemals nur Vollendung eines Teilstücks (Seele) sondern immer auch Vollendung des Leibes, d.h. jenes Wesenselementes, durch das der Mensch in einer wesentlichen Beziehung zur Welt und der übrigen Menschheit steht. Deshalb ist auch die letzte Vollendung des einzelnen nur möglich in der Vollendung des Ganzen, und die Redeweise von einer Auferstehung am Jüngsten Tag erweist sich so als sinnvoll.

Das Konzept der Auferstehung im Tod will herausstellen das der Mensch auch nach dem Tod ein leiblich verfasstes Wesen ist. Die Unzerstörbarkeit der Seele liegt nicht außerhalb des Auferstehungsgeschehens sondern ist ein Moment an diesem. Denn wenn unter Seele jene Wirklichkeit zu verstehen ist, kraft derer der Mensch konstitutiv in Relation zu Gott steht, so bedeutet ihre Unzerstörbarkeit, dass „Gott die Seele auch über den Abgrund des von ihr möglichen Nichtseins fortträgt“. Unsterblichkeit und Auferstehung stehen sich dann nicht mehr als zwei verschiedene Modelle der Hoffnung des Menschen auf Todestranszendenz gegenüber. Behält man die Bezeichnung Auferstehung allein dem Geschehen am Jüngsten Tag vor mit dem Argument, der Leichnam bleibe doch faktisch im Grabe liegen und sei eben nicht auferstanden, so kann nur schwer vermieden werden, die Auferstehungshoffnung richte sich im Grunde doch nur auf ein zweites Moment im individuellen Menschen, nämlich auf seine individuelle Körperlichkeit. Wenn man die bleibende Bezogenheit der Seele auf die Materie als bleibende In-Formiertheit des verklärten Leibes durch die Vollendung der Seele denkt – dann kann auch die empirische Erfahrung des Leichnams im Grab gar kein Argument mehr abgeben, dass die Auferstehung noch nicht stattgefunden habe.

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Klaus Heine

Pfarrer i.R. Klaus Heine © Kunst im Karner

 

Pfarrer i.R. Klaus Heine © Kunst im Karner

 

Pfarrer Richard Posch und Pfarrer i.R. Klaus Heine © Kunst im Karner

Die Auferstehung der Toten

Die Auferstehung oder Auferweckung der Toten ist ein endzeitliches Geschehen, bei dem Gott durch seinen Geist die Toten aus dem Todeszustand erweckt und sie zum Leben in der Herrlichkeit seines Reiches führt. Sie ist also die große Hoffnung der Christinnen und Christen, die in der Erfahrung der Liebe Gottes gründet, wie sie ihnen im Christusereignis begegnet. An der Auferstehung Christi wird offenbar, dass diese Liebe unverbrüchlich ist und durch den Tod hindurch hält. Durch die Taufe und den Glauben mit Christus verbunden, erhalten wir Anteil an seiner Lebenskraft, jetzt in der Todeswelt noch gebrochen und verborgen, dann aber voll und ganz jenseits des leiblichen Todes.

Der Begriff Auferstehung oder Auferweckung schließt ein, dass das Sterben ganz ernst genommen wird. Es besteht also nicht darin, dass sich eine unsterbliche Seele vom Leib trennt, aber sich vom Tod unangefochten behauptet. Der Mensch stirbt mit Leib, Seele und Geist. Auch der Christ wird im Sterben sich ganz genommen; er ist aber gewiss, dass er in seiner Identität in Gottes Gedächtnis aufgenommen wird. Auch die Auferweckung betrifft wie der Tod den ganzen Menschen.

Ich fürchte, dass es hier Differenzen zur traditionellen kirchlichen Lehre und auch zur gegenwärtigen römisch-katholischen gibt. In dieser Tradition lehrt man eine Synthese zwischen der zentralen neutestamentlichen Hoffnung der Auferstehung des ganzen Menschen aus dem Tode und der hellenistischen Vorstellung einer leiblosen Lebendigkeit der Seele nach dem Tode. Man hat sich das so gedacht, dass die Seelen, die sich beim Tod von ihren Leibern trennen an vorläufigen Orten der Seligkeit oder der Verlorenheit oder eines Mittelzustandes (Fegefeuer) existieren. Erst am jüngsten Tag erhalten sie dann in der Auferstehung der Toten ihren neuen Leib.

Bei dieser Auffassung verliert aber die Auferstehung ihren Ganzheitscharakter. Und es wird nicht ernst genommen, dass wir ein Jenseits des Todes allein durch die Auferweckung haben. Sie geschieht an der von Gottes Liebe durch den Tod hindurchgehaltenen Person. Gott bewahrt mein Ich, um es zu vollenden. Bei der Auferweckung wird die Individualität der Person erhalten, aber die Selbigkeit erscheint nur in völliger Andersheit der Daseinsgestalt. Die Bestimmtheit durch Sünde und Sterblichkeit wird abgetan, wir werden in die Ganzheit des Lebens im Reich Gottes versetzt. Diese neue Leiblichkeit jenseits des Todes darf freilich nicht in organischer Kontinuität mit der jetzigen gedacht werden. Wir können nichts Konkretes über diese neue Leiblichkeit sagen, sie wird aber ganz vom Geist Gottes bestimmt sein.

Christen erwarten die Auferstehung am jüngsten Tag, an dem der auferstandene und zur Rechten Gottes sitzende Jesus Christus als Richter und Weltvollender wieder erscheinen wird. Wegen dieses Gerichts nach den Werken ist es für die zukünftige Identität eines Menschen von entscheidendem Gewicht, wie sich seine Werke in das von Gott angenommene und bestätigte Werk Jesu Christi einfügen. In der Verbindung mit dem Gerichtsgedanken erhält die Vorstellung des leibhaften Menschseins jenseits des Todes eine besondere Verbindlichkeit.

Mit der Wiederkunft Christi wird Gottes Herrschaft widerspruchsfrei und auch die Welt verwandelt werden. Zwischen dem Sterben der einzelnen Menschen und der endzeitlichen Auferstehung tritt offenbar ein “Zwischenzustand”. Das hat immer wieder zu diversen Überlegungen geführt. Wir geraten an die Grenzen dessen, was wir wissen und sagen können. Vielleicht ist ja, was wir als lange Zwischenzeit des Todesschlafs ansehen, um mit Luther zu sprechen, nur ein einziger Augenblick. Gewiss dürfen wir sein, dass jenseits des Todes Christus wartet. Aber er ist selbst der “jüngste Tag” und die Auferstehung und die Gegenwart des ewigen Gottesreiches. (nach Paul Althaus)
Nicht unterschätzt werden sollte, welche Kraft die endzeitliche Hoffnung für das gegenwärtige Leben in der Todeswelt entbindet:
“Der Glaube an die Auferstehung der Toten lässt sich nicht von der Vorstellung einer unzerstörbaren Würde des Individuums bzw. des ´unendlichen Wertes´ des einzelnen Menschen trennen.
Aus der christlichen Auferstehungshoffnung ergibt sich eine unüberbietbare Kritik an der Unterdrückung und Erniedrigung von Menschen.
Die christliche Hoffnung erweist ihre Kraft genauso in der Fülle des Lebens wie in den Grenzsituationen menschlicher Existenz.
Ostern ist das Zeichen dafür, dass der Tod nicht das letzte Wort behalten und die Gemeinschaft des Menschen mit Gott nicht durch den Tod zerstört werden soll.”

Der christliche Glaube an die Auferstehung und das ewige Leben braucht die Bilder und Symbole, die die Hoffnung auf das ausstehende Heil zum Ausdruck bringen. Aber er darf nicht vergessen, dass auch sie durch die gegenwärtige Todeswirklichkeit bestimmt und begrenzt sind. Es geht um das Mehr. Die Worte des Paulus müssen uns nachdenklich machen: “Wenn es keine (endzeitliche) Totenauferstehung gibt, dann lasst uns essen und trinken- denn morgen müssen wir ja doch sterben!”
Das Ja zur Fülle auch des gegenwärtigen Lebens, das unter dem Schatten des Todes steht, unterscheidet sich mit der großen Hoffnung deutlich von der rauschhaften Gier nach Intensität des Erlebens ohne diese Hoffnung.

Ich möchte schließen mit einem Lied Martin Schallings, in dem die existenzielle Hoffnung auf Auferstehung ihren vollendeten reformatorischen Ausdruck gefunden hat:
“Herzlich lieb hab ich dich, o Herr....”

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