Vor 450 Jahren, am 12. November 1556, erließ Kaiser Ferdinand I. den sogenannten Gabebrief bzw. Gabbrief. Mit diesem Dokument schenkte er dem Markt Mödling allen Besitz der Pfarre, die kirchlichen Gebäude, Wälder, Weingärten und Felder.
Beim Othmarhochamt am 19. November 2006 mit Weihbischof Franz Scharl wurde an dieses historische Ereignis erinnert. Bürgermeister Hans-Stefan Hintner erläuterte in einer kurzen Ansprache den geschichtlichen Hintergrund und die Auswirkungen des Gabebriefs. Franz Scharl war von 1990 bis 1993 Kaplan in unserer Pfarre und ist seit 2006 Weihbischof für Wien. In seiner Predigt legte er den Gläubigen drei Punkte ans Herz: die Weitergabe des Glaubens, die Weitergabe des Lebens und die Weitergabe der Kultur.
Der Text des Gabebriefs ist in einer Niederschrift aus dem Jahr 1643 überliefert, die von Ferdinand III., einem Urenkel von Ferdinand I., bestätigt wurde. Diese Handschrift befindet sich im Urkundenarchiv der Stadt Mödling.
Eine Kopie dieser Handschrift ist hier zu sehen...
Die Urkundensammlung, die dieses Dokument enthält, wurde im Jubiläumsjahr 2006 mit Unterstützung des Rotary-Clubs Mödling neu gebunden. Bericht aus der NÖN hier...
Herr Ferdinand Krausgruber, ehrenamtlicher Archivar der Stadt Mödling, und Herr Gerhard Schüller haben eine Abschrift in Druckschrift erstellt.
Der vollständige Text ist hier zu lesen...
Othmarhochamt am 19. November 2006 mit Weihbischof Franz Scharl |
Ausführlicher Bericht über das Othmarhochamt hier...
Bericht auf stephanscom.at hier...
Die erste nachgewiesene Kirche an der Stelle der heutigen Othmarkirche ist eine karolingische Kirche aus dem 9. Jahrhundert. Zu dieser Zeit stand vermutlich auch schon die Martinskirche an der Stelle der heutigen Waisenhauskirche. Aus dem Jahr 1113 ist die erste urkundliche Nennung von Mödling als Pfarre bekannt. 1453 war der Bau der Spitalkirche fertiggestellt, es bestanden somit drei katholische Kirchen in Mödling.
Anfang des 16. Jahrhunderts begann ein religiöser Umbruch, der auch vor Mödling nicht halt machte - die Reformation. Die religiöse Einstellung der Menschen änderte sich. Ab 1527 war Pfarrer Georg Müller als erster protestantischer Pfarrer in Mödling tätig. Die Zahl der Katholiken ging stetig zurück. Zeitweise waren bis zu drei evangelische Pastoren in Mödling tätig.
Der religiöse Konflikt weitete sich landesweit zu einem politischen Konflikt aus. Zwischen den protestantischen und katholischen Reichsständen brachen Unruhen und Kriege aus. Um Frieden zu schaffen wurde am 25. September 1555 auf dem Reichstag zu Augsburg der Augsburger Religionsfrieden zwischen Ferdinand I. und den Reichsständen geschlossen. Der Grundsatz lautete: "cuius regio, eius religio" (wessen Land, dessen Religion). Dies bedeutete also nicht Religionsfreiheit, sondern lediglich die Freiheit für die Herrschenden, die Religion ihrer Untertanen bestimmen zu dürfen.
Die Pfarre Mödling war seit 1475 Pfründe des Domdechants von Wien. Der jeweilige Domdechant war Pfarrer von Mödling. Bekannt ist der 1493 verstorbene Herzog Przemysl von Troppau. Die meisten Domdechanten übten ihr Amt in Mödling jedoch nicht aus und kümmerten sich wenig um die Pfarre.
In diesem Umfeld und im Bestreben, die Reformation zurückzudrängen, wurde 1556 von Ferdinand I. der Mödlinger Gabebrief ausgestellt. Als Bedingung stellte er, dass statt eines evangelischen Predigers wieder ein katholischer Pfarrer für die Seelsorge verantwortlich sei und dass Mödling katholisch werde.
Im Jahr 1748 bot Erzbischof Kollonitz dem Markt Mödling 10.000 Gulden für das Pfarrpatronat. Es kam jedoch nicht zum Verkauf. Die im Gabebrief 1556 festgeschriebenen Vereinbarungen gelten im wesentlichen noch heute. Die Stadtgemeinde trägt die Baulast für die kirchlichen Gebäude (Othmarkirche, Spitalkirche, Karner, Pfarrhaus, Mesnerwohnung) und hat ein Mitspracherecht bei der Bestellung eines neuen Pfarrers. Gelegentlich wurden Details neu festgelegt oder an aktuelle Gegebenheiten angepasst. Aus dem vorigen Jahrhundert sind dazu folgende Schriftstücke bekannt:
Gemeinderatsbeschluss vom 16. Oktober 1919 betreffend die Übergabe des Kirchenvermögens in die Verwaltung des Pfarramts Mödling. Grundlage war eine Niederschrift vom 22. September 1919, die von Vertretern der Gemeinde und dem damaligen Stadtpfarrer Franz Fuchs unterzeichnet war.
Patronatsvertrag zwischen der Stadtgemeinde Mödling und Stadtpfarrer Adalbert Kowatschitsch vom 28. Dezember 1935.
Gemeinderatsbeschluss vom 10. März (bzw. 18. Dezember?) 1961 betreffend das Patronatsverhältnis zwischen der Stadt Mödling und der Pfarre St. Othmar. Sinngemäß sind darin u. a. folgende Punkte festgehalten:
Die Stadtgemeinde Mödling ist Patron der Pfarre St. Othmar.
Aus dem Titel des Patronats trifft die Stadtgemeinde Mödling die Baulast für die Othmarkirche, den Karner, die Spitalkirche, den Pfarrhof und die Mesnerwohnung. Die Pfarre muss jedoch bemüht sein, durch Ansuchen um Zuschüsse bei der Erzdiözese bzw. bei staatlichen Behörden die Baulast zu erleichtern. Die Betriebskosten hat die Pfarre zu tragen.
Die Mesnerwohnung darf nur als Dienstwohnung zur Unterbringung des Mesners verwendet werden. Als Mesner gilt jene Person, welche von der Pfarre zur Ausübung der dem Mesner zukommenden Obliegenheiten bestellt wird. Der Mesner hat für die Reinigung des Hauses, des Gehsteiges und für die Schneeräumung zu sorgen. Der Schuppen bei der Mesnerwohnung darf von der Pfarre mitbenutzt werden.
Der Pfarrhof dient zur Unterbringung der Pfarrgeistlichkeit, des Dienstpersonals sowie der Pfarrkanzlei. Die Nutzung für pfarrliche Veranstaltungen ist gestattet.
Wappen auf der Fahne beim Othmarhochamt 2006 |
Die Stadtgemeinde Mödling hat ein Mitspracherecht bei der Ernennung eines neuen Pfarrers.
Die Kontrolle der Verwaltung des Kirchenvermögens erfolgt durch einen Patronatskommissär, der vom Gemeinderat gewählt wird. Viele Jahre lang übte Herr Gemeinderat Reg. Rat Konrad Brüger diese Funktion aus. Im Jahr 2010 hat Vizebürgermeister Kommerzialrat Ferdinand Rubel diese Funktion übernommen.
Der Stadtgemeinde Mödling kommt insbesondere das Ehrenpatronatsrecht des Wappens und des Chorstuhles zu. Aus diesem Grund ist auf dem Glasfenster oberhalb des Hochaltars das Wappen der Stadt Mödling zu sehen. Weiters ist das Wappen an der Außenseite oberhalb des Haupteingangs sowie auf dem Altarbild des Votivaltars abgebildet.
aktualisiert am 17-Mar-2022
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