Kunst im Karner - 7.-22. Juni 2008 - 
Judith Wagner  -  HIMMLISCHE (?) BEGEGNUNGEN

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  "Knotensäule", Logo von Kunst im Karner © Kunst im Karner - St. Othmar

Pfarrer Klaus Heine & Richard Posch "Das Du Gottes"

ökumenischer Dialog über menschliche und göttliche Begegnungen mit biblischen Beispielen

 

Die einzelnen Themen / Quicklinks:

Jakobs Kampf am Jabbok

"Gott ist anders", die Gottesbegegnung des Elias

Drei Jünger sehen Jesus in "Herrlichkeit" (Verklärung)

Ankündigung des Retters, der Geburt Jesu

Der Prolog des Johannesevangeliums 

Die Gottesbegegnung im Sakrament

Pfarrer Klaus Heine & Richard Posch  "Das Du Gottes" ökumenischer Dialog über menschliche und göttliche Begegnungen mit biblischen Beispielen © Kunst im Karner - St. Othmar

Klaus Heine, Altpfarrer der evangelischen Gemeinde in Mödling
&
Richard Posch, Pfarrer der röm.-kath. Pfarre St. Othmar in Mödling

Pfarrer Klaus Heine & Richard Posch  "Das Du Gottes" ökumenischer Dialog über menschliche und göttliche Begegnungen mit biblischen Beispielen © Kunst im Karner - St. Othmar

Einleitung von Altpfarrer Klaus Heine:

Jedes Thema der Veranstaltungen von "Kunst im Karner" stellt auch eine Herausforderung für das theologische Nachdenken dar. "Himmlische (?) Begegnungen" macht da keine Ausnahme. Die eindrückliche Figurengruppe der Erzengel Michael, Gabriel und Raphael der Künstlerin Judith Wagner beschäftigt uns schon seit dem 7. Juni. Das Fragezeichen hinter "himmlische" soll andeuten, dass es keineswegs selbstverständlich ist, in, mit und durch sinnlich Erfahrbares einen Zugang zur Transzendenz zu erhalten.
Richard Posch und ich möchten, eher in ökumenischer Eintracht als im Streitgespräch, Ihnen Aspekte der Offenbarung in christlicher Tradition anhand einiger Bibeltexte vorstellen. Die Auswahl war nicht ganz einfach, weil die Heilige Schrift voll von Gottesbegegnungen ist. Außerdem verfolgen wir eine Linie des Offenbarungsverständnisses, die in der Inkarnation, der Fleischwerdung des Wortes, gipfelt. Andere wichtige Aspekte der Kreuzestheologie und der sozialen Identifikation können wir vielleicht im anschließenden Gespräch aufgreifen. Kontrovers dürften schließlich die Vorstellungen zur Exklusivität der Christusoffenbarung ausfallen. Wir hoffen, Sie mit unseren Ausführungen nicht zu ermüden, sondern zum nachdenkenden Gespräch anzuregen.

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Genesis 32,23-33 Jakobs Kampf am Jabbok

Noch in jener Nacht aber stand er auf, nahm seine beiden Frauen, seine beiden Mägde und seine elf Kinder und ging durch die Furt des Jabbok. Er nahm sie und brachte sie über den Fluss. Dann brachte er hinüber, was er sonst noch hatte. Jakob aber blieb allein zurück. Da rang einer mit ihm, bis die Morgenröte heraufzog. Und er sah, dass er ihn nicht bezwingen konnte, und berührte sein Hüftgelenk, so dass sich das Hüftgelenk Jakobs ausrenkte, als er mit ihm rang. Und er sprach: Lass mich los, denn die Morgenröte ist heraufgezogen. Er aber sprach: Ich lasse dich nicht, es sei denn, du segnest mich. Da sprach er zu ihm: Wie heißt du? Und er sprach: Jakob. Da sprach er: Du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel, denn du hast mit Gott und mit Menschen gestritten und hast gesiegt. Und Jakob fragte und sprach: Bitte nenne mir deinen Namen. Er aber sprach: Was fragst du nach meinem Namen? Und dort segnete er ihn. Und Jakob nannte die Stätte Peniel. Denn, sagte er, ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und bin mit dem Leben davongekommen. Und als er an Penuel vorüber war, ging ihm die Sonne auf. Er hinkte aber wegen seiner Hüfte. Darum essen die Israeliten bis auf den heutigen Tag den Muskelstrang nicht, der über dem Hüftgelenk liegt, denn er hat Jakobs Hüftgelenk, den Muskelstrang, angerührt.

(Bibelübersetzung: 
Zürcher Bibel 2007)

Weblink:
Zürcher Bibel
Online-Ausgabe

Altpfarrer Klaus Heine: Einlassen auf eine Gottesbegegnung ist schnell ein Kampf auf Leben und Tod

Pfarrer Klaus Heine & Richard Posch  "Das Du Gottes" ökumenischer Dialog über menschliche und göttliche Begegnungen mit biblischen Beispielen © Kunst im Karner - St. OthmarIn einer Zeit, die unter Sinnverlust leidet, sehnen sich viele neu nach tiefem religiösen Erleben. Wissen sie, was sie sich wünschen? Wollen sie wirklich eine Gottesbegegnung? Es wäre eine Begegnung auf Leben und Tod. Wie dem Menschen dabei Hören und Sehen vergehen kann, das zeigt die uralte Geschichte von Jakobs Kampf am Jabbok. Der große Erzvater hat Angst, und sie ist wohlbegründet. 
Er, Jakob, sein Name bedeutet soviel wie "Betrüger", hatte sich mithilfe seiner Mutter den väterlichen Segen von Isaak erschlichen, der eigentlich seinem älteren Bruder Esau gehörte. Er musste seinerzeit vor dessen Zorn fliehen. Nach langen harten Jahren des Dienstes bei der fernen Verwandtschaft kehrt er nun als reicher Mann in die Heimat zurück. Aber nun die Angst. Alle seine Gedanken kreisen um den Bruder Esau und dessen befürchtete Rache. Jakob entwickelt eine Strategie der Konfliktbewältigung. Er schickt Geschenke voraus. Er zeigt Unterwerfungsgesten, um den Zorn Esaus zu besänftigen. Von diesen Gedanken erfüllt führt er seine Angehörigen und die Herde in der letzten Nacht vor der Begegnung über den Jabbok im Ostjordanland.

Aber dann geschieht etwas, mit dem er nicht gerechnet hatte. Etwas, das ihn an die Grenze seiner Existenz führt. Ein Mann überfällt ihn und kämpft mit ihm in einem stundenlangen erbitterten Kampf bis zum frühen Morgen. 
Ein Mann? Es ist eine unheimliche Gestalt. 
Ein gewöhnlicher Räuber ist es nicht. Man könnte zunächst an einen Flussdämon oder einen Engel denken. Aber der Fortgang der Geschichte klärt es auf: Gott selbst ist es, der Jakob in die Zange nimmt. Da gibt es Äußerungen, die uns verwirren und sprachlos machen. Der namenlose Kämpfer kann den mit riesigen Kräften streitenden Jakob nicht überwinden. Der Schlag auf die Hüfte beschert Jakob zwar einen bleibenden Schaden. Die Hüfte wird verrenkt, sein Hinken wird ihn lebenslang an diesen Kampf erinnern. Aber er klammert sich fest an den Gegner und will ihn nicht loslassen, bevor er dessen Segen bekommt. Segen, das ist kein salbungsvoller, kraftloser Spruch, sondern bedeutet Übertragung von Lebenskraft, Vitalität, Fruchtbarkeit und kriegerische Überlegenheit. Er ist nicht jenseitig zu verstehen, sondern durchaus diesseitig. Es geht um das Gelingen des Lebens, um reiche Nachkommenschaft, Ruhe vor Feinden, um das Mitsein Gottes. Und Jakob wird erhört. Der elementare Griff nach Gott und seiner Segenskraft ist erfolgreich. Mit seinem Namen "Jakob-Betrüger" muss er zwar sein ganzes Wesen offenbaren, aber er erhält einen neuen Ehrennamen, mit dem Gott ihn anerkennen und vor sich gelten lassen will. "Israel- Gott möge herrschen" wird hier so gedeutet, als sei Gott nicht Subjekt, sondern Objekt. Es ist ein rätselhaftes und erstaunliches Wort vom Obsiegen Jakobs. Seine Frage nach dem Namen des Gegenübers wird nicht beantwortet. Das göttliche Du lässt sich Freiheit und Geheimnis nicht antasten. Im Namen liegt Wesen und Präsenz des Benannten. Mit dem Namen könnte man ihn anrufen, durch Opfer verpflichten, mit der Gotteskraft vielleicht eigenmächtig umgehen. Diesem Zugriff entzieht sich der Unbekannte, aber er segnet Jakob. 
Der erschlichene Segen wird legitimiert, die Verheißung von Bethel bestätigt und der kurz zuvor geäußerten Gebetsbitte Erhörung gewährt. Mit der Namensgebung des Ortes trägt Jakob dem Staunen darüber Rechnung, dass er vor Gott stand und nicht sterben musste. Diese uralte Geschichte mit ihren durch die lange Überlieferung entstandenen Ungereimtheiten und Brüchen öffnet unseren Blick. Die Auseinandersetzung des Menschen mit der Bedrängnis im Dunkel seines Lebens wird auf seine Gottesbeziehung hingewendet. In den Kämpfen unseres Lebens ist Gott, ohne seinen Namen zu nennen, ganz nah. Wie oft bleibt uns, wenn wir sie überstanden haben, eine Narbe zurück? Erinnert sie uns an eine Verletzung, die wir im Kampf mit Gott davon trugen?

Jakob hatte um Hilfe für die Begegnung mit Esau gebeten. Gott hilft, aber nach einem Kampf, der beiden alles abverlangt. Gott lässt mit sich ringen, seine Macht wirkt begrenzt, weil er sich, weil er seiner erwählenden Liebe treu bleibt. Und dann kommt nach dieser fürchterlichen Nacht der Morgen und die erste Frucht des Segens kann geerntet werden: Die Begegnung mit Esau verläuft ganz friedlich. Im Licht der Christusoffenbarung findet Martin Luther zu einer kühnen Deutung: Jakob hat mit dem mit einer Maske verhüllten Christus gekämpft. Im gekreuzigten Christus gibt Gott sich uns segnend preis. Der Weg des Lebens führt in die aufgehende Ostersonne.

Rätselhaft und unheimlich ist diese Geschichte der Gottesbegegnung am Jabbok. 
Rätselhaft und unheimlich ist unser Leben. 
Aber die Erzählung vom nächtlichen Gotteskampf öffnet Perspektiven. Nach den Erfahrungen der Dunkelheiten und Kämpfe unseres Lebens gehen wir gezeichnet zwar, aber gesegnet einer neuen Morgenröte entgegen.

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1. Buch der Könige 19, 4-18
Elia am Horeb

Er selbst ging eine Tagereise weit in die Wüste hinein. Dort setzte er sich unter einen Ginsterstrauch und wünschte sich den Tod. Er sagte: Nun ist es genug, Herr. Nimm mein Leben; denn ich bin nicht besser als meine Väter. Dann legte er sich unter den Ginsterstrauch und schlief ein. Doch ein Engel rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Als er um sich blickte, sah er neben seinem Kopf Brot, das in glühender Asche gebacken war, und einen Krug mit Wasser. Er aß und trank und legte sich wieder hin. Doch der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal, rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Sonst ist der Weg zu weit für dich. Da stand er auf, aß und trank und wanderte, durch diese Speise gestärkt, vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Gottesberg Horeb. Dort ging er in eine Höhle, um darin zu übernachten. Doch das Wort des Herrn erging an ihn: Was willst du hier, Elija? Er sagte: Mit leidenschaftlichem Eifer bin ich für den Herrn, den Gott der Heere, eingetreten, weil die Israeliten deinen Bund verlassen, deine Altäre zerstört und deine Propheten mit dem Schwert getötet haben. Ich allein bin übrig geblieben und nun trachten sie auch mir nach dem Leben. Der Herr antwortete: Komm heraus und stell dich auf den Berg vor den Herrn! Da zog der Herr vorüber: Ein starker, heftiger Sturm, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging dem Herrn voraus. Doch der Herr war nicht im Sturm. Nach dem Sturm kam ein Erdbeben. Doch der Herr war nicht im Erdbeben. Nach dem Beben kam ein Feuer. Doch der Herr war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln. Als Elija es hörte, hüllte er sein Gesicht in den Mantel, trat hinaus und stellte sich an den Eingang der Höhle.

(Einheitsübersetzung, ist die Bibelübersetzung für den Gebrauch in der röm.-kath. Kirche)

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Einheitsübersetzung 
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Pfarrer Richard Posch: "Gott ist anders", 
die Gottesbegegnung des Elias

Pfarrer Klaus Heine & Richard Posch  "Das Du Gottes" ökumenischer Dialog über menschliche und göttliche Begegnungen mit biblischen Beispielen © Kunst im Karner - St. OthmarDiese Begegnung handelt vom Zerbrechen des Gottesbildes von Elia. Kurz zuvor, in der Konfrontation mit den Baalspriestern, hatte er noch so stark und siegreich ausgesehen. Und dann diese tiefe Krise. Elias Wunsch zu sterben, unter einem einsamen Ginsterstrauch in einer einsamen Wüste. "Es ist genug", hatte er gesagt, "so nimm nun Herr mein Leben hin; ich bin nicht besser als meine Väter" . Ich bin gescheitert. Ich schaffe es auch nicht.
Zwei mal kam darauf ein Engel des Herrn, erzählt der Text: "Steh auf und iss! Sonst ist der Weg für dich zu weit".  Das Leben geht also doch weiter.
Von Brot und Wasser gestärkt, marschiert der Prophet zum Gottesberg Horeb. 40 Tage lang. Um dort Gott seinen Prophetenauftrag zurück zu geben. Dass diese Kündigung gerade am Berg Horeb, am Gottesberg, ausgesprochen werden soll, hat Symbolcharakter. Mehrere Jahrhunderte früher hatte hier Moses von Gott die beiden Bundestafeln mit den Zehn Geboten empfangen. Schon er brauchte damals zwei Anläufe, weil das Volk so widerspenstig war. Kaum hatte Moses den Leuten den Rücken gekehrt, waren sie bereits zum Goldenen Kalb gelaufen. Und jetzt, mehrere Jahrhunderte später, ist dieses Volk nach Meinung von Elia definitiv von Gott abgefallen. Weggelaufen zu den Fruchtbarkeitsgöttern seiner heidnischen Umgebung im gelobten Land; ausgerechnet dem Land, in das Gott sie geführt hatte. Treulos. Diesem Volk ist nicht zu helfen, ist Elia überzeugt, und ich bin auch nicht besser als meine Väter; ich schaffe es auch nicht, sie davon abzubringen.

So wandert Elija allein durch die einsame Wüste. Zwar hat er gegessen und will nicht mehr unmittelbar sterben, so wie noch einige Tage vorher unter dem Ginsterstrauch. Aber der ganzen, unerfüllbaren Mission soll jetzt ein Ende gesetzt werden. Die Aufgabe ist schlicht nicht zu erfüllen. Jedenfalls nicht von mir, ich bin zu schwach. Die Leute wollen nichts wissen von dir, o Gott, und ich kann all die gestellten Anforderungen nicht erfüllen.

Nach 40 Tagen erreicht Elia auf dem Berg Horeb eine Höhle und bleibt dort über Nacht. Dabei wird er angesprochen von Gottes Frage: "Was machst du hier, Elia?" Jetzt ist es, wie wenn beim Propheten die Schleusen endgültig geöffnet würden. Jetzt muss es gesagt sein. Vorwurfsvoll bricht es aus Elia hervor: "Geeifert habe ich für den Herrn, den Gott der Heerscharen! Denn Israel hat dich verlassen; deine Altäre haben sie niedergerissen und deine Propheten mit dem Schwert getötet. Ich allein bin übrig geblieben, und sie trachten darnach, auch mir noch das Leben zu nehmen."

Alles habe ich gegeben, mein ganzes Leben in deinen Dienst gestellt, geeifert habe ich für dich - vergebens. Die Menschen wollen sich nicht ändern. Bund gebrochen, Altäre geschleift, Propheten getötet. Ich allein bin übrig geblieben, und auch mich wollen sie noch umbringen. Wie kannst du da noch von mir verlangen, Prophet zu sein? Ganz ruhig kommt statt einer Antwort eine Anweisung: "Geh hinaus und tritt auf den Berg vor den Herrn!"

Und jetzt folgt die Bibelstelle, die uns so viel sagt über Gottes Wesen und darüber, wie Gott in dieser Welt erscheint. Und wie eben nicht. Ganz und gar anders als Elia glaubte, zeigt sich der biblische Gott in unserer Welt.
Elia glaubte an einen machtvollen Gott. An einen Gott in Sturm, Erdbeben und Feuer. Einen Gott, der, um die Baalspriester zu besiegen, Feuer auf das Brandopfer herab fallen lässt. Einen Gott, der mit des Schwertes Schärfe alle Baalspriester umbringt und so den Glauben seines Volkes wiederherstellt. Einen Gott, der Gerechtigkeit und Frieden schafft auf dieser Erde, die Bösen und das Leid ausrottet. An einen solchen mächtigen, starken und sich gegenüber den Menschen durchsetzenden Gott glaubte Elia. Dieses Gottesbild aber, ist ihm dort unter dem Ginsterbusch in der Wüste zerbrochen. Zwar hatte das Brandopfer gebrannt. Zwar waren die Baalspriester gestorben. Aber das Volk hatte sich nicht wirklich geändert. Darum stürzte Elia in die tiefste Krise seines Lebens. Gott ist anders. Da oben am Berg Horeb wird ihm nun klar, dass sein Bild nicht dem biblischen Gott entsprach. Zwar gibt es auf Erden Sturm, Erdbeben und Feuer. Aber Gott ist nicht im Sturm. Gott ist nicht im Erdbeben. Gott ist nicht im Feuer. Unser biblischer Gott ist nicht in lauten Tönen und Naturkatastrophen, ist nicht in machtvollen und wortgewaltigen Effekten, nicht in Massenbekehrungen, und nicht in großen Medienspektakeln. Ja, aber wo begegne ich denn dem lebendigen Gott?

Jetzt erst folgt die vierte, Erscheinung: "Nach dem Feuer das Flüstern eines leisen Wehens. Als Elia dies hörte, verhüllte er sein Angesicht mit dem Mantel, ging hinaus und trat an den Eingang der Höhle." 
"Das Flüstern eines leisen Wehens"
übersetzt die Züricher Übersetzung. Martin Buber, der große jüdische Philosoph, übersetzt noch verhaltener: Es kam "die Stimme verschwebenden Schweigens".

Es ist, wie wenn die Welt nach all dem Lauten, Wilden und Zerstörerischen den Atem anhielte. Plötzlich ist Ruhe, ist Schweigen, ist nur noch das Flüstern eines leisen Wehens, die Stimme verschwebenden Schweigens.
Es wird nicht ausdrücklich erwähnt, dass Gott in diesem Flüstern ist. Es signalisiert nur den Zustand, die Umstände, in welchen Gott dem Menschen begegnet.

So tritt denn Elia, wie er dieses leise Wehen der Stille vernimmt, aus seiner Höhle heraus. Das Flüstern der Stille ermutigt Menschen, aus sich heraus zu treten, sich zu zeigen wie sie sind und Gott zu begegnen.
Noch einmal bricht es aus Elia heraus: "Geeifert habe ich für den Herrn, den Gott der Heerscharen! ... und jetzt trachten sie darnach, auch mir noch das Leben zu nehmen."

Aber dann ist es, wie wenn sein Zorn und seine Enttäuschung plötzlich dahin geschmolzen wären. Er lässt Gott das Wort. Er nimmt einen neuen Auftrag entgegen: "Auf, zieh wieder deines Weges aus der Wüste nach Damaskus, geh hinein und salbe Hasael zum König über Syrien."

Es ist das Flüstern des leisen Wehens, das Elia neu vor Gott treten lässt, das ihm wieder Boden unter den Füssen gibt, ihn aufbrechen lässt aus Frustration, Enttäuschung und Angst, - zu neuen Horizonten, zu einem neuen Auftrag, zu einem neuen Sinn in seinem Leben.

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Matthäus 17, 1-9

Und nach sechs Tagen nimmt Jesus den Petrus, den Jakobus und dessen Bruder Johannes mit und führt sie abseits auf einen hohen Berg. Da wurde er vor ihren Augen verwandelt, und sein Angesicht strahlte wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe da: Es erschienen ihnen Mose und Elija, und sie redeten mit ihm. Da ergriff Petrus das Wort und sagte zu Jesus: Herr, es ist schön, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Während er noch redete, da warf eine lichte Wolke ihren Schatten auf sie, und eine Stimme sprach aus der Wolke: Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Auf ihn sollt ihr hören! Als die Jünger das hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und fürchteten sich sehr. Da trat Jesus zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht! Als sie wieder aufblickten, sahen sie niemanden mehr außer Jesus. Während sie vom Berg hinuntersteigen, gebot ihnen Jesus: Sagt niemanden, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt worden ist.

(Bibelübersetzung: 
Zürcher Bibel 2007)

Weblink:
Zürcher Bibel
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Altpfarrer Klaus Heine: Drei Jünger sehen Jesus in Herrlichkeit (Die »Verklärung«)

Pfarrer Klaus Heine & Richard Posch  "Das Du Gottes" ökumenischer Dialog über menschliche und göttliche Begegnungen mit biblischen Beispielen © Kunst im Karner - St. OthmarDie Augenblicke, in denen wir die Zeit vergaßen, vergessen wir nie." Dies Zitat verweist auf die großen erschütternden Momente unseres Lebens, auf die "Stunden der wahren Empfindung", um es mit einem Buchtitel von Peter Handke zu sagen, auf die Zeiten, da wir vom Glück des Lebens restlos ausgefüllt waren, Stunden der Erkenntnis und der Liebe, wo alles gepasst hat, wo wir mit uns selbst, den anderen Menschen und der Welt ganz im Reinen sind, und der Sinn unseres Lebens fraglos ist. "Die Augenblicke, in denen wir die Zeit vergaßen, vergessen wir nie." Bergwanderer werden bestätigen, dass Gipfelerlebnisse überwältigend sein können. Nach der Anstrengung und Mühsal des Aufstiegs die Weite und Freiheit des Ausblicks, nach der Dunkelheit des Tals das strahlende Licht. Die erhabene Welt der Gipfel, die Erschütterung vor der Majestät der Schöpfung und das Einssein mit ihr. Es ist nur zu verständlich, dass dabei tiefe religiöse Empfindungen berührt werden. Hier muss ein besonderer Ort der Begegnung mit dem Göttlichen sein. Was ich sonst nie erkennen und begreifen könnte, hier widerfährt es "unauslöschlich". So finden beim "Bergfreund" Matthäus alle wesentlichen Offenbarungen auf den Bergen statt: die Bergpredigt, die Versuchung Jesu, die Verklärung Jesu, aber auch seine Kreuzigung, und dann auch der Missionsbefehl und die Aussendung der Jünger und schließlich die Himmelfahrt.
In unserer Geschichte wird Jesus für den engsten Jüngerkreis zum "Bergführer". Nicht lange, nachdem Jesus seinen Anhängern klaren Wein eingeschenkt hat über seinen und ihren Leidensweg, zieht er sich mit drei Jüngern in die Einsamkeit zurück. Stellvertretend für alle anderen begleiten sie den Lehrer auf die Höhe des Berges. Da fallen ihnen die Schuppen von den Augen. Sie meinten, ihn zu kennen, ihren Rabbi, der mit ihnen durchs Land zog, an dessen Lippen sie gebannt hingen, der alles mit ihnen teilte und dem ein schweres Geschick bevorstand. Aber nun wird das alles als vorläufig bewertet durch die gewaltige Einsicht, die ihnen widerfährt. Sie sehen ihren Meister in einem Glanz und in einer strahlenden Schönheit, wie sie ihn noch nie gesehen haben. Nicht ein Höhenrausch verwirrt ihre Gemüter, vielmehr sehen sie Jesus als den, der er wirklich ist: das Ziel und die Erfüllung des Alten Bundes - Mose und Elia tauchen in der Vision als seine Gesprächspartner auf. Begeistert möchte Petrus diesen Augenblick festhalten zu einem ewigen Laubhüttenfest. Er will Behausungen errichten für die drei. Aber nun tritt zur Vision eine Audition. So gewaltig ist die Stimme Gottes, so wuchtig das Begreifen: Hier ist der Sohn Gottes, hier ist der Mensch, der in letzter untrennbarer Verbindung mit Gott steht, dass die Jünger erschrocken zu Boden stürzen und ihr Gesicht verhüllen. Die Wolke ist das alte Zeichen enthüllend-verhüllender Offenbarung Gottes. Und kein Sterblicher kann das Angesicht Gottes anschauen ohne zu vergehen. Dass es gleichsam eine vorweggenommene Ostergeschichte ist, zeigt sich nicht nur an Jesu Zuspruch und aufrichtenden Berührung, sondern beim ausdrücklichen Hinweis, ihre Erfahrung erst kundzutun, wenn Jesu Auferweckung geschehen ist. 
Die Stunde der Offenbarung ist zu Ende, der Weg führt wieder in das alltägliche Getriebe. Aber die Jünger tragen eine Erfahrung mit sich, die sie nicht mehr vergessen dürfen, weil sie ihnen Kraft der Hoffnung auf dem Weg durch die Niederungen der Todeswelt gewährt. Wo ereignen sich solche beglückend-bestürzenden Begegnungen für uns, in unserer Welt/Wir stehen in der Erzählgemeinschaft der Kirche Jesu Christi. Vieles haben wir im Lauf unseres Lebens von der Gottesoffenbarung gehört. Die einzelnen Bruchstücke setzen sich zu einem je individuellen Bild. Das Kind in der Krippe, der Lehrer seiner Jünger, der Mann am Kreuz, die Erscheinungen des Auferstandenen. Die Vorstellungen und Begriffe sind uns vertraut. Und trotzdem nützt das noch nicht viel, wenn nicht irgendwo und irgendwann der zündende Funke überspringt und er aus den Bildern und Vorstellungen selbst lebendig auf mich zutritt, aus dem E^ein Du wird und er mich anredet und ich ihn erkenne in seiner strahlenden Schönheit für mein armes Leben und es aus mir hervorbricht: Mein Herr und mein Gott! Ich komme auf die Sternstunden zurück. Sie können Auslöser und Material für diese Gotteserfahrungen sein, das Naturerlebnis, wie das Glück einer großen Liebe, die Schönheit der Kunst, sogar auch die Grenzerfahrungen einer schweren Krankheit oder eines Unglücks können für mich Anstoß sein für göttliche Erfahrungen. Die Verkündigung der Frohbotschaft und die Feier der Sakramente sind die Deutungsschlüssel auch unserer Sternstunden.
Wir können diese Augenblicke nicht festhalten und konservieren. Wir müssen wieder vom Berg herab. Aber die beglückende Erfahrung der Liebe und Freundlichkeit Gottes und seines strahlenden Glanzes gibt uns Kraft auch auf dem Weg des Leidens in der Welt. Mit der Erinnerung an das liebende Du wird es uns hoffentlich gelingen, selbst Zeichen der Liebe zu setzen unter den Menschen, mit denen wir leben, und die der Begegnung mit Gott ebenso bedürfen wie wir.

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Lukas 1, 26-39

Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria. Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben. Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. Auch Elisabeth, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich. Da sagte Maria: Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.

(röm.-kath. Einheitsübersetzung)

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Pfarrer Richard Posch: "Die Ankündigung der Geburt Jesu"

Pfarrer Klaus Heine & Richard Posch  "Das Du Gottes" ökumenischer Dialog über menschliche und göttliche Begegnungen mit biblischen Beispielen © Kunst im Karner - St. OthmarEs gibt eine Formverwandtschaft zur Ankündigung der Geburt Johannes des Täufers. Dem Erzähler geht es darum, die Gottessohnschaft Jesu theologisch zu gründen. Die Messianität Jesu wird fundiert auf dem Bekenntnis: Jesus ist der "Heilige" Gottes, der aus einer Jungfrau geborene "Sohn Gottes".

Nach einer Einleitung vermittelt der Engel in dreifachem Redegang behutsam immer tiefer enthüllend, die Botschaft Gottes, wobei die erste Anrede vorbereitend ist (Sei gegrüßt Begnadete, der Herr ist mit dir!), die zweite - durch das Erschrecken und Nachdenken Mariens ausgelöst - die eigentliche Botschaft bringt und die letzte - durch die fragende Verwunderung Mariens gelockt - erläuternd, aber auch vertiefend ist.

Von Galiläa aus soll Jesus einst nach Gottes Plan zu wirken beginnen. Die Sendung des Engels zu einer Jungfrau - in Kontrast zu einem im Heiligtum amtierenden Priester - ist für damaliges jüdisches Empfinden ungewöhnlich. Gott offenbart sich wo und wem er will. Gleich einleitend wird zweimal auf Mariens Jungfräulichkeit hingewiesen, wobei an Jes 7,14 erinnert werden soll. Mariens Verlobung muss hier schon erwähnt werden, damit die Davidsohnschaft von dem verheißenen Kinde Mariens ausgesagt werden kann, die nach jüdischer Auffassung nur vom Vater her begründbar war und demzufolge im NT auch einhellig auf Josef zurückgeführt wird.

Der Engel erscheint nicht plötzlich im Raum, vielmehr tritt er ein bei Maria, sie begrüßend, wie er dann auch wieder von ihr scheidet. Statt eine furchterregenden Engelerscheinung also vertrauter Umgang des Engels mit der Begnadeten. Das Wort des Engels besteht aus einem Gruß, einer Anrede und einem Segensspruch, der schon andeutend eine Mitteilung enthält und so auf das Kommende vorbereitet. Maria hat durch ihr Wesen schon den Boden bereitet, aus dem die Begegnung stattfinden kann. Sie hat keine Vorgeschichte wie Moses beim brennenden Dornbusch, sie lacht nicht ungläubig, wie Sara, die Frau Abrahams.

Du hast Gnade gefunden bei Gott. Maria ist begnadet, die Engelsbotschaft als Offenbarung Gottes zu empfangen und gläubig zu verstehen. Die Begrüßung des Engels wird man auch in ihrer Parallele zu der Gideons durch den "Engel des Herrn" (Ri 6,12) verstehen dürfen. Gideon ist ein starker Held in effektiver Vorwegnahme der Kraft, die Jahwe ihm zusprechend gibt. Aber auch Gideon erbittet ein Zeichen.

Unser Text lässt der gläubigen Meditation Spielraum, die Begnadigung in ihrer Tiefe auszuloten. Es geht hier um mehr als bloße "Auserwählung". Gruß und Anrede sind getragen von dem An-Wesen Gottes bei der Begrüßten und Angeredeten.

Aufgrund seiner Gotteskindschaft wird dem Kind, an dessen Davidische Abstammung erinnert wird, der Davidsthron gegeben werden. Die Ordnungen dieser Welt werden dereinst durch Christus beherrscht und ihre Erfüllung finden im Königtum Christi.

Maria glaubt, und sie wird deswegen gepriesen. Sie begehrt auch kein beweisendes Zeichen, wie Zacharias das tat. Sie stellt nur die Frage, wie es geschehen soll, "da ich keinen Mann erkenne". Gottes Zusage lässt jedoch nicht lange auf sich werten. Für Lukas ist es deutlich genug, dass sich die wunderbare Empfängnis nach dem Ja-Wort Mariens ereignet hat, noch vor dem alsbald erfolgenden Aufbruch nach Judäa.
Die Frage Mariens hat der folgenden Erklärung des Engels den Weg bereitet: Die Verlobte wird ohne ehelichen Verkehr, eben als Jungfrau, empfangen. In parallelistischer Form und andeutenden Bildern wird die Erklärung des Wie gegeben: Heiliger Geist wird dich überschatten. Hier geschieht neue Schöpfung, nachdem die Kette der Zeugungen abgerissen ist. Weil das Kind in seinem Ursprung gänzlich gottgewirkt ist, wird es durch und durch "heilig" sein. Gottes Geist wird ihm schöpferisch lebensspendend das Dasein geben, darum sein innerstes Wesen bestimmen und es "heilig" machen.

Maria glaubt gehorsam und kindlich - ein bewusstes Kontrastbild zu Zacharias, kein Zeichen verlangend; aber ihr - und allen Lesern der Schrift - wird ein solches gegeben, das zugleich erklärend ist; es will demonstrieren, dass Gott auch eine jungfräuliche Empfängnis bewirken kann.

Aus dem erschrockenen Nachsinnen und der nach Verständnis suchenden Frage ist nun die ergebende Zustimmung Mariens herangereift, die den Gesprächsgang beschließt. Maria gibt gläubig ihre Einwilligung, ohne sich erst des angebotenen Zeichens zu vergewissern. Die Zustimmung zeigt nachträglich, dass die unerhörte Engelsbotschaft an die Verlobte auch als Frage Gottes gedacht war. Wenn sich Maria als "Sklavin des Herrn" bezeichnet, gibt sie auch schon ihr Einverständnis zu dem, was der Herr nun konkret über sie verfügt hat.

Der Engel geht so still, wie er eingetreten ist, Maria das letzte Wort lassend; oder besser: alles nun Gott selbst überlassend. Es wird deutlich, dass das angekündigte Handeln Gottes dem Ja-Wort Mariens korrespondiert. Die Bereitschaft Mariens hat Gott Raum gegeben, der nun sein Wunder wirkt.

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Johannes, 1,1-14

Im Anfang war das Wort, der Logos,

und der Logos war bei Gott,

und von Gottes Wesen war der Logos.

Dieser war im Anfang bei Gott.

Alles ist durch ihn geworden,

und ohne ihn ist auch nicht eines geworden,

das geworden ist.

In ihm war das Leben,

und das Leben war das Licht der Menschen.

Und das Licht scheint in der Finsternis,

und die Finsternis hat es nicht erfasst.

 

Und das Wort, der Logos, 

wurde Fleisch

und wohnte unter uns,

und wir schauten seine Herrlichkeit,

eine Herrlichkeit, wie sie ein Einziggeborener vom Vater hat,

voller Gnade und Wahrheit.

(Bibelübersetzung: 
Zürcher Bibel 2007)

Weblink:
Zürcher Bibel
Online-Ausgabe

Altpfarrer Klaus Heine: 
Der Prolog des Johannesevangeliums

Pfarrer Klaus Heine & Richard Posch  "Das Du Gottes" ökumenischer Dialog über menschliche und göttliche Begegnungen mit biblischen Beispielen © Kunst im Karner - St. OthmarDas Gewicht und die Bedeutung des einleitenden Hymnus zum Johannesevangelium können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Der Evangelist hat in ihm äußerst verdichtet den Inhalt seiner Botschaft zusammengefasst, das ganze übrige Evangelium ist gleichsam eine erzählende Auslegung dieses Prologs.

Am Anfang war das Wort, wie es in der Lutherübersetzung heißt. Goethes Faust plagt - sich mit der Übersetzung: Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen. Aber wird es besser, wenn er überträgt: Im Anfang war die Tat? Das scheint der Entwertung des Wortes in der Wortinflation der Mediengesellschaft zu entsprechen. Da geht es vor allem um Bilder und Taten. Ich will diese Entwertung nicht unterschätzen, aber hat das Wort nicht noch immer seine besondere Bedeutung? Richtig gefunden klärt und befreit es, schafft Beziehungen. Wie sollte der Zuspruch: Ich liebe dich! jemals durch etwas anderes ersetzt werden können? Das richtige Wort öffnet Türen zu Lebenswelten. Vielleicht finden wir so auch den Zugang zur hebräischen Bedeutung von Wort. Es ist das Rückgrat aller Dinge. Insofern sind Wort und Tat eins. Wenn Gott das Wort spricht, schafft er eine Welt. Die zunächst befremdliche Originalbeifügung von Logos in der neuen Zürcher Übersetzung weist auf diese große Dimension hin. Der Logos hat die alles Dasein gewährende und bestimmende Lebenskraft in sich.

Im Anfang war das Wort: Das bedeutet Gott ist in sich nie einsam, der Logos ist nicht zuerst Gottes Tat, sondern sein Gegenüber vor allem Tun und Werden. Der Bezug zum ersten Satz der Bibel ist aber offenkundig: Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und es geschieht durch das Wort: Gott sprach: Es werde Licht und es ward Licht. Dieser Hintergrund muss skizziert werden, um das Ungeheuerliche des Vorgangs zu ermessen. Dieser Logos wird Mensch in einmaliger Bestimmtheit und historischer Konkretion. Er zeltet unter uns, wie es im Wortlaut heißt. "Fleisch" ist die ganze menschliche Existenz in ihrem geschöpflichen Glanz wie ihrer Begrenztheit und ihrem Elend, allerdings nicht in ihrer inneren Entfremdung von Gott. Sie kennen den Ausruf: Er ist ja ganz der Vater! An Kinderbetten. Herkunft und Zugehörigkeit werden dabei erkannt, ohne doch dem kleinen Erdenbürger s Eigensein abzusprechen. Tatsächlich ist auch der menschgewordene Sohn ganz der Vater, in ihm lässt sich der göttliche Vater identifizieren, erkennen und wieder erkennen. Das Bekenntnis: Und wir sahen seine Herrlichkeit! staunt über die Absicht und den Sinn dieses Ereignisses. Gottes schöpferische Liebe zeigt sich darin. Die hermetische Grenze zwischen Gott und Mensch werden überwunden, Gemeinschaft neu geschaffen, die tödliche Entfremdung aufgehoben. Mit der Annahme des Menschseins schafft Gott neues Lebensrecht für uns. Mitten in der Welt des Todes tut sich der Himmel auf.

Ein Missverständnis sollte noch ausgeräumt werden. Wenn wir die Heroen der griechischen Mythologie betrachten, dann ist der Traum von der Grenzüberschreitung zwischen Gott und Mensch nichts Neues. Aber die menschliche Phantasie schafft mit den Halbgöttern doch nur halbe Götter. Die Kirche hat die Bedeutung der Christusoffenbarung aus guten Gründen mit dem paradoxen Bekenntnis "wahrer Gott und wahrer Mensch" umschrieben. Nur so bleibt das Geheimnis gewahrt, nur so der Begegnungscharakter erhalten.

Die Christusoffenbarung als konkretes geschichtliches Ereignis greift noch immer aus über die Zeiten und stellt die, denen sie erzählt wird, vor Entscheidungen. Da erhebt sich schon im Prolog des Johannesevangeliums eine ernste Frage: Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf.

Wie, ist denn die Finsternis undurchdringlich auch für das Licht der Welt? Sind wir unfähig zur Wahrnehmung?

Ich denke, dies Tatereignis Gottes ist nicht etwas Zuhandenes aus der Es-Welt der Dinge, sondern ein Beziehungsgeschehen, in dem das göttliche Du uns ganz menschlich, nicht überwältigend, sondern einladend anspricht und auf unsere Antwort wartet. Gewiss geht es bei dieser Antwort um Tod und Leben. Aber die Entscheidungszeit ist noch nicht zu Ende.

Und immerhin gibt es auch schon im Prolog die positive Entscheidung: Die ihn aber aufnahmen, denen gab er Vollmacht, Gottes Kinder zu werden.

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Zusammenfassung:
Die himmlische Begegnung bringt das Heil zu den Menschen!

Johannes, 1,1-14

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. 
Im Anfang war es bei Gott. 
Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. 
In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. 
Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. 
Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes. 
Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. 
Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht. 
Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. 
Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. 
Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. 
Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben,  die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. 
Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.

(röm.-kath. Einheitsübersetzung)

Pfarrer Richard Posch: 
Die Gottesbegegnung im Sakrament

Pfarrer Klaus Heine & Richard Posch  "Das Du Gottes" ökumenischer Dialog über menschliche und göttliche Begegnungen mit biblischen Beispielen © Kunst im Karner - St. OthmarDas Wort ist Fleisch geworden. So könnte man das Wesentliche des Christlichen kurz zusammenfassen. Es geht um die Begegnung Gott - Welt. Denen, die ihn aufnahmen, gab er die macht, Kinder Gottes zu werden. Dem Menschen ist die Möglichkeit gegeben, Göttliches aufzunehmen. Salopp könnte man ein Sakrament, die Berührung des Menschen mit dem Göttlichen nennen. Wie es bereits in der Begegnung des Engels mit Maria angedeutet wurde, ist für ein Fruchtbarwerden dieser Begegnung, die Bereitschaft vonnöten, ganz offen zu sein für den Willen Gottes. Maria wird so gesehen und daher gesehen als Urbild der Kirche, die eben nicht Selbstzweck sein soll, sondern die Aufgabe hat, den Menschen Christus sichtbar zu machen: die Begegnung mit Kirche kann nur dann eine "himmlische" Begegnung sein. Der Dienst der Kirche ist es, den Menschen Christus und sein Heil zu bringen; insofern spricht 2. vatikanische Konzil von der Kirche als dem universalen Heilssakrament. 

Bischof Jaques Gaillot, der für seine provokanten Thesen bekannt ist, hat es so auf den Punkt gebracht: Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts.

Wenn wir die Begegnungen mit Jesus im neuen Testament aus diesem Blickwinkel betrachten, beobachten wir die ständige Spannung zwischen institutionalisierter Religion und dem Heil, das gewirkt wird. Die Begegnungen mit Jesus Christus sind "Himmlische Begegnungen" da sie heilbringend wirken. Den Glaubensautoritäten seiner Zeit wirft Jesus vor, sich zwischen das Heil, das seinen Ursprung in Gott selber hat, und den Menschen zu stellen. So bleiben sie, die Schriftgelehrten und die Pharisäer, in ihrer ursprünglich dem Heil dienenden Funktion hinter ihren Möglichkeiten zurück, ja verwirken sie letztendlich. Eine Institution, die dem Heil der Menschen durch Gott dienen soll, wird damit zum Selbstzweck.

Betrachten wir das Sakrament. Dieses ist gesehen als Möglichkeit der Christusbegegnung. Ursprünglich ist es Geschenk Gottes an die Menschen. Gott wirkt und der Mensch öffnet sich für diese Wirkung. Die Kirche hat die Aufgabe, diese Heilsmöglichkeit für den Menschen zu verwalten. Wenn ein Sakrament gefeiert wird, etwa die Taufe oder die Eucharistie/Abendmahl, so geht es jenen, die dazu bestellt sind, diese Sakramente zu verwalten, darum, für eine Christusbegegnung durch dieses Zeichen offen zu sein, bzw. Gottesbegegnung erfahrbar zu machen. Die Feier eines Sakramentes ist nicht Selbstzweck. Im Gottesdienst, besonders dort wo ein Sakrament gefeiert wird, soll Gott durch Jesus Christus im Heiligen Geist wirken können.

In der Pfarrkirche St. Othmar ist das Sakramentshäuschen vor mehr als 20 Jahren mit einem Motiv geschmückt worden, das an den brennenden Dornbusch und zugleich an den dreifaltigen Gott erinnern soll. Gottesbegegnung. Wir kennen die Stelle wo Moses Gott im brennenden Dornbusch begegnet. Leg deine Schuhe ab, denn der Ort, wo du stehst ist heiliger Boden. Auf der einen Seite die Ehrfurcht und das heilige Erschaudern vor Gott. Auf der anderen Seite, der Mitfühlende: Ich bin der "Ich bin da". Ich habe euer Elend gesehen. Es lässt mich nicht unberührt.

Das Sakrament ist kein Selbstzweck. Es soll in uns Heil bewirken. Wie könnten wir dieses Heil beschreiben? Es ist nicht mit Magie zu verwechseln. Die Gottesbegegnung im Sakrament soll unser Denken unser Handeln unsere ganze Sicht der Dinge erneuern. Wer zum "Tisch des Herren" kommt soll ihn als erneuerter Mensch wieder verlassen. Er oder Sie soll beginnen, seine Umwelt mit den Augen Jesu zu sehen. Das soll man in den Begegnungen mit meinen Nächsten spüren können. Gottes Barmherzigkeit, Gottes Gnade soll spürbar werden, in uns Fleisch werden, durch uns erfahrbar werden. Die Begegnungen im Alltag können so zu "himmlischen Begegnungen" werden.

(Alle Texte aus Originalmanuskripten von Pfarrer Klaus Heine und Pfarrer Richard Posch - Zusammenstellung & Fotos: gm)

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