Gedanken zur Grundsteinlegung
Am 13. Mai 1454 wurde ein Grundstein gelegt.
Es war eine Zeit, die von Unsicherheiten geprägt war.
Das abendländische Schisma war vor kurzem beendet worden.
Der Ruf nach radikalen kirchlichen Reformen war an vielen Ecken Europas zu hören.
Die Unionsbestrebungen mit dem Osten waren gescheitert.
Konstantinopel, eine letzte Bastion des Christentums, war an die Muslime gefallen.
Trotzdem wurde ein Grundstein für eine große Pfarrkirche gelegt,
an der lange Jahre gebaut werden musste.
Am 13. Mai 1454 wurde ein Grundstein gelegt.
Der Markt Mödling zählte gerade 250 Häuser.
Es gab bereits den Karner.
Es gab einen Vorgängerbau der jetzigen Pfarrkirche.
Es gab auch die gerade fertiggestellte Spitalkirche.
Trotzdem wurde ein Grundstein gelegt für eine neue, große Pfarrkirche.
Am 13. Mai 1454 wurde ein Grundstein gelegt.
Man hätte das Geld auch anders anlegen können.
Zweckbauten hätte man errichten können.
Man hätte, wenn schon eine Kirche, diese kleiner und funktioneller bauen können.
Man hätte die bestehende Kirche zur Wehrkirche umbauen können.
Trotzdem wurde ein Grundstein gelegt für eine neue, große, lichtdurchflutete Hallenkirche.
Am 13. Mai 1454 wurde ein Grundstein gelegt.
Es war abzusehen, das die Bauzeit lange dauern würde.
Die Frage war:
Würde es auch in Zukunft Menschen geben, denen der Kirchenbau ein Anliegen sei?
Würde es Menschen geben, die zun ihren Versprechen stehen und damit das große Vorhaben
tragen wie diese Pfeiler hier,
welche das Gewölbe und die riesige Dachkonstruktion tragen?
Das war nicht so sicher.
Trotzdem wurde ein Grundstein gelegt.
Am 13. Mai 1454 wurde ein Grundstein gelegt.
Ein Jahrhundert später geschah das Undenkbare.
Wenige Jahre nach der Fertigstellung im Jahr 1523 folgten
große Zerstörungen durch die erste Türkenbelagerung.
Brandschatzung der Kirche.
Das Gewölbe stürzt ein.
Außerdem gab es konfessionsbedingte Uneinigkeit innerhalb der Christen selber.
Würde das "Schiff" der Kirche wieder weiterfahren können?
Ein weiters Jahrhundert später:
Zweite Türkenbelagerung 1683.
Wird es eine Zukunft geben?
Steht die Kirche wirklich fest auf dem Felsen?
Trotzdem wurde ein Grundstein gelegt für eine Kirche, die auf festem Grund gebaut ist.
Am 13. Mai 1454 wurde ein Grundstein gelegt.
In der späteren Neuzeit würde diese Grundsteinlegung als Torheit betrachtet werden.
Es gab radikal andere Zugänge zum Glauben.
Es gab bereits die Ablehnung der Religion an sich.
Es entstanden neue Ideologien.
Es kamen die Zerstörungen der Weltkriege.
Es kamen schließlich auch Veränderungen in der Kirche.
Vieles wurde und wird noch in Frage gestellt, vieles, das vorher selbstverständlich war.
Statistisch gesehen geht vieles abwärts.
Würde man heute, nach 550 Jahren, wagen, einen solchen Kirchenbau in Mödling zu errichten?
Trotzdem wurde ein Grundstein gelegt für eine Kirche, die weiterhin aus lebendigen Steinen gebaut ist.
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