Der Ursprung der weit über 100 Jahre alten Krippe liegt - wie schon der Name sagt - im Egerland, in Nordwestböhmen. Um 1900 wurde sie von einem Eisenbahner aus dem Egerland nach Bischofshofen mitgenommen, wohl um die Trennung von der alten Heimat leichter zu ertragen. Im Missionsgymnasium der Gesellschaft des Göttlichen Wortes, St. Ruprecht, im Salzburgischen, wurde die Krippe später aufgebaut und 1926 auf Betreiben von Pater Brodmüller SVD nach Mödling übersiedelt, um in der neu gegründeten Herz Jesu-Pfarre aufgestellt zu werden.
In der Folge wechselten die Standorte mehrmals. So wurde die Krippe während der Kriegszeit abgebaut und deponiert. Pater Alexander Kienast SVD, Seelsorger der Marienkirche in der Kolonie - eine der ältesten Arbeitersiedlungen Österreichs - nahm sich um 1950 der Krippe an.
Bis um 1970 war die Krippe in einem Nebengebäude der Holzkirche während der Advent- und Weihnachtszeit zu besichtigen. Vor dem Abbruch der 1934 errichteten Marienkirche wurde die Krippe mit Zustimmung der Herz Jesu-Pfarre vom Bezirks-Museums-Verein geborgen und war nach umfangreichen Wiederherstellungsarbeiten seit 1979 wieder zu besichtigen. Die künstlerische Gestaltung besorgten der damalige Obmann des Museums, Prof. Karl Matzner, der einen neuen Krippenberg schuf, Prof. Franz Leopold Kuthan, der den Krippenschrein gestaltete und neue Krippenfiguren schnitzte. Die Mechanik wurde unter ihrer Aufsicht von technisch versierten Mittelschülern und Ministranten von St.Othmar erneuert, und so wurde dann die Egerländer Krippe im Sakralmuseum in der Pfarrgasse, zu neuem Leben erweckt.
Bei den Figuren um die Geburtsstätte handelt es sich ursprünglich um "Grulicher Figuren" aus dem böhmisch-schlesischen Raum. Diese wurden von den Männern aus gekochter Fichte geschnitzt und von Frauen und Kindern mit Leimfarbe bemalt. Bemerkenswert sind die beweglichen Elemente, auch wenn die Mechanik, die zu betätigen eine Kunst für sich war, heute von einer elektronischen Steuerung abgelöst wurde. Großer Dank gilt Herrn Prof. Sauerzopf, Lehrer und Direktor der Mödlinger HTL, der seit Jahren in der Vorweihnachtszeit die kleinen Schafe und Hirten wieder flott macht und die "Mechatronik" wartet.
Die Besonderheit der Mödlinger Krippe ist nicht nur, dass sie zu den wenigen mechanischen Krippen zählt, deren Figuren über Laufbänder und Ketten bewegt werden, sondern auch die Begleitmusik und der vorgetragene Text des Evangeliums: Die Musik der "Weihnachtsgeschichte" von Carl Orff wurde von Martha Derflingers Orff-Gruppe einstudiert und aufgenommen, der frühere Pfarrer von St. Othmar und "Fernseh-Pfarrer", Wilhelm Müller, verfasste und las die "Einfach zum Nachdenken"-Worte zum Weihnachtsevangelium.
Für die Mödlinger ist die Krippe in der heutigen Form im Volkskundemuseum ein Anziehungspunkt im Advent. Sie trägt die Handschrift des Museums Mödling, vieler Ministranten, von Wilhelm Müller und vielleicht auch noch ein wenig die von Pater Alexander Kienast.
Auf ihrem Standort im Volkskundemuseum ist die Egerländer Krippe das Zentrum eines kleinen Sakralmuseums, in dem Figuren und Mechanikteile der alten Krippe gezeigt werden. Sakrale Kunstgegenstände geben Zeugnis der Volksfrömmigkeit. Zu sehen sind auch zwei abgenommene neugotische Fresken aus dem Mödlinger Karner zum Leben des Hl. Pantaleon.
Museum Mödling, 2020
aktualisiert am 29-Feb-2024
Mitteilungen bitte an webmaster@moedling.or.at